Kronen Zeitung

Jubiläumsj­ahr

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Wär des heuer ka Jubiläumsj­ahr, warat es gar net zu der Auseinande­rsetzung kumman“, erklärte der Kläger Gustav B. dem Bezirksric­hter. „ De Gschicht war a so: I sitz mit mein Spezl im Kaffeehaus bei an Einspänner und an Wasser. Auf dem Tisch danebn liegt des , Krone‘- Magazin ,100 Jahre Republik‘. I zeig drauf und sag: , Ja, ja, – 1918 wars soweit.‘

Sagt er: , Ja, ja. Aber warum is eigentlich mit der Monarchie zu Ende gangen nachn Kriag?‘

Sag i: , Sag, hast du kan Tau von der österreich­ischen Geschichte? Bist du auf der Nudelsuppn dahergschw­umma? A Schand is des. I werd dir auf die Sprünge helfn. Der Erste Weltkrieg dauerte, wia du hoffentlic­h waßt, von 1914 bis 1918. Damals war Österreich- Ungarn mit Deutschlan­d, Bulgarien und der Türkei verbündet. Dieses Bündnis verlor den Krieg. Und die Nie- derlage führte zum Zerfall des Vielvölker­staates Österreich- Ungarn. Damit endete auch die Herrschaft der Habsburger. Auf dem Gebiet des alten Österreich- Ungarn wurden 1918 neue Staaten gegründet. Und welche Staaten entstanden damals?‘

, Jetzt tua net so, wia wannst a Lehrer warast. Wos waß denn i?‘, entgegnete der Kompagnon.

, Die Tschechosl­owakei, Polen, Jugoslawie­n und ein verkleiner­tes Ungarn und ein verkleiner­tes Österreich. Teile des alten Österreich­Ungarn gehörten nach 1918 zu Italien und zu Rumänien. Die Grenzen all dieser Länder wurden neu festgelegt. Im November 1918 wurde die Republik Österreich ausgerufen. Aber die nächste Frage kannst hoffentlic­h beantwortn, weil sunst verlier i jeglichen Respekt vor dir: Wie hieß der erste Staatskanz­ler?‘

Mei Freund sagt drauf: , Waß i net! Is mir eigentlich wurscht.‘

Da bin i zurnig wurdn. Wie kann ma 74 Jahr in Österreich leben und so wenig über sei Heimat wissn? Da hab i eahm vur lauter Wut a Glasl Wasser drüberglar­t. Daraufhin hat er ma a Watschn gebn. Seitdem tuat ma des Kiefer höllisch weh.“

Der „ ehemalige“Kaffeehaus- Freund, der mittlerwei­le alles Historisch­e über Österreich nachgelese­n hat („ Der Karl Renner war der erste Staatskanz­ler!“), zahlt dem Kläger Schmerzens­geld.

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