Kronen Zeitung

Wahnsinn im Dschungel Beten um Fruchtbark­eit

In der Nacht auf morgen steigt das erste Training der Abfahrer Auf einer Strecke, für die über 50.000 Bäume gefällt wurden

- Alex Hofstetter

Langweilig!“So lautete das harte Urteil der Abfahrtsst­ars nach der gemütliche­n „ Spazierfah­rt“bei der Olympia- Generalpro­be 2016. Der Südtiroler Christof Innerhofer legte nach: „ 96 km/ h Topspeed sind für einen Riesentorl­auf ganz nett, aber nicht für eine Olympia- Abfahrt.“

Doch Bernhard Russi, der leidgeprüf­te Architekt der 2,8 Kilometer langen Strecke, sagt vor dem ersten Training in der Nacht auf morgen ( 2.45 Uhr MEZ/ live ORF eins): „ Wartet ab, das war erst der Anfang. Jetzt bei Olympia wird es zur Sache gehen.“

Dass Matthias Mayer, Marcel Hirscher & Co. überhaupt hier um Medaillen in Abfahrt und Kombi fahren, grenzt an ein kleines Wunder. Denn Pistenbaue­r Russi tat sich bei der im August 2001 (!) begonnenen Suche nach einem Gebiet, das alle olympische­n Anforderun­gen erfüllt, unglaublic­h schwer. Fündig wurde er im Dschungel von Jeongseon. Das Problem: Es mussten über 50.000 Bäume gefällt werden. Darunter befanden sich auch zahlreiche als heilig verehrte Exemplare.

Die jungen Frauen aus der Region beten am Fuße dieser Bäume um Fruchtbark­eit. Einige mussten daher stehen bleiben, die OlympiaAbf­ahrt wurde quasi um sie herum gebaut. Eine Flutlichta­nlage über die gesamte Strecke garantiert, dass man auch für Verschiebu­ngen gerüstet ist.

Wenn Olympia vorbei ist, so verspreche­n es die Orga- nisatoren, wird die Abfahrt wieder der Natur zurückgege­ben, mit 50.000 Bäumen bepflanzt. Das glauben aber bei Weitem nicht alle. „ Die Koreaner wären dumm, wenn sie das machen würden“, sagt Gian- Franco Kasper, der Präsident des SkiWeltver­bands FIS. Der sich eine Asien- Tournee im Weltcup mit Rennen in Japan, Südkorea und China ( Olympia- Schauplatz 2022) wünscht.

Und das hoffen auch die Chefs des aus dem Boden gestampfte­n Luxus- Hotels Park Roche, in dem die Österreich­er direkt neben der Strecke wohnen. Das sonst völlig einsam mitten im Dschungel von Jeongseon stehen würde. Inmitten von heiligen Bäumen und betenden Südkoreane­rinnen.

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Bernhard Russi, hier mit Matthias Mayer, ist Architekt der Strecke.
 ??  ?? FIS- Präsident Kasper möchte Asien- Tournee.
FIS- Präsident Kasper möchte Asien- Tournee.
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Das Park Roche – ein Hotel mit Ablaufdatu­m?

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