Kronen Zeitung

Mehr Hilfe für Opfer statt höherer Strafen

Experten sind sich einig: Längere Haftzeiten bringen sehr wenig Jüngste Gesetzesän­derungen sollten erst einmal hinterfrag­t werden Bessere finanziell­e Unterstütz­ung für Betroffene wäre sehr wichtig

- VON PETER GROTTER UND SILVIA SCHOBER

Noch vor einigen Jahren wäre einem Politiker, der für Verschärfu­ngen im Sexualstra­frecht plädiert, der allgemeine Applaus sicher gewesen. Doch es hat sich bei Aufarbeitu­ng und Aburteilun­g der Täter viel geändert. Es ist noch gar nicht lange her, dass Opfer in öffentlich­er Verhandlun­g vernommen und damit einer neuen Demütigung ausgesetzt wurden. Doch heute gibt es spezielle Befragunge­n, bei denen die Täter gar nicht dabei sind. Und auch die Verteidige­r dürfen ihre Fragen nur mit Umweg über die Richter stellen.

Ein wesentlich­es Problem im Sexualstra­frecht ist auch gelöst: die Verjährung. Die Fristen wurden dramatisch verlängert. Im Extremfall enden diese erst mit dem 48. Lebensjahr des Opfers.

Der damalige Minister Wolfgang Brandstett­er hat auch erst 2016 eine große Strafrecht­sreform eingeläute­t, die eine Verschärfu­ng zum Ziel hatte ( s. Kasten). Auch sind die Strafen für Sexualverb­recher in dramatisch­en Fällen bereits hoch: Jene neun Iraker, die in der Nacht zum 1. Jänner 2016 in Wien eine Deutsche in eine Wohnung verschlepp­t und zwei Stunden vergewalti­gt haben, wurden zu neun bis 13 Jahren Haft verurteilt.

Aus all diesen Gründen fiel der Applaus für Staatssekr­etärin Karoline Edtstadler und die nun angedachte Reform verhalten aus. Wie berichtet, soll eine Taskforce überprüfen, ob es Straferhöh­ungen bei Sexualdeli­kten geben soll.

NEOS- Politikeri­n Irmgard Griess, Ex- Präsidenti­n des Obersten Gerichtsho­fes, meinte, es müsse evaluiert werden, wie sich die jüngsten Verschärfu­ngen ausgewirkt haben. Ähnlicher Meinung ist auch der Präsident des Wiener Landesgeri­chtes, Friedrich Forsthuber, der sagt: „ Es gibt bereits sehr hohe Strafdrohu­ngen.“

Einig sind sich alle aber, dass den Opfern mit besserer psychother­apeutische­r Betreuung wirklich geholfen wäre. Diese wird nur schleppend und in zu geringem Ausmaß finanziert, weiß auch der Präsident der Hilfsorgan­isation „ Weißer Ring“, Udo Jesionek: „ Eine Behandlung­sstunde kostet 80 bis 100 Euro und hier sind oft 30 Sitzungen notwendig. Auch beim Zuspruch von Schmerzens­geld agieren die Gerichte sehr vorsichtig.“

Doch Änderungen in diesem Bereich würden den Staat viel Geld kosten . . .

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Politikeri­n K. Edtstadler
 ??  ?? Irmgard Griss von den NEOS
Irmgard Griss von den NEOS
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Präsident F. Forsthuber
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Ex- Minister Brandstett­er

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