Kronen Zeitung

Gangbetten- Statistik: So wirdgetric­kst

Verlässlic­he Zahlen erst ab 12 Stunden auf dem Flur Personalve­rtreter packt Aus: Wie Patienten doch noch aus der Zählung fallen

- Michael Pommer

Beim Gangbetten- Gipfel in der Vorwoche wurden Zahlen präsentier­t, die denken ließen: Alles halb so schlimm. So liegen etwa im Wilhelmine­nspital nur 0,27 Prozent der Patienten länger als 12 Stunden auf den Fluren. Doch Personalve­rtreter Heinrich Schneider zweifelt diese Statistike­n an, er ortet eine Trickserei.

Die von Gesundheit­sstadträti­n Sandra Frauenberg­er und dem Krankenan- staltenver­bund ( KAV) präsentier­te Statistik beschreibt Gangbetten als ein seltenes Randphänom­en. Quasi gangbetten­frei wären demnach das Kaiser- Franz- Josef- Spital und Hietzing – nur 0,01 Prozent aller Patienten werden länger als 12 Stunden auf die Flure verfrachte­t.

Und da ist schon die Zauberform­el versteckt: „ länger als 12 Stunden“. „ Was darunter stattfinde­t, wird nicht in dieser Statistik vermerkt“, so Heinrich Schneider vom Wilhelmine­nspital.

Laut seinen Erfahrunge­n wird alles versucht, um zu verhindern, dass Patienten von dieser präsentier­ten 12Stunden- Statistik erfasst werden. Heißt: Wer etwa 11 Stunden und 59 Minuten in einem Gangbett liegt, wird nicht speziell registrier­t. „ Um das zu erreichen, bedarf es enormer Kraftanstr­engungen“, erklärt Schneider. „ Pflegepers­onal, Ärzte, Krankenträ­ger, alle sollen vermeiden, dass ein Patient doch noch in diese Statistik fällt.“So liegen Patienten oft über Nacht auf dem Gang, erhalten am Vormittag rasch noch ein Zimmer – und tauchen nicht in dieser Erfassung auf.

Und tatsächlic­h: Auch auf Anfrage gibt es vom KAV für die „ Krone“keine Unter- 12- Stunden- Auswertung. Dort heißt es: „ Die Zahl der temporären Überbelags­betten kann in halbstündi­ger Genauigkei­t ausgewiese­n werden. Sollte ein Patient in einem Gangbett liegen, er so rasch wie möglich in ein Zimmer verlegt.“

Der Stadtrechn­ungshof kritisiert­e, wie berichtet, die Gangbetten- Situation massiv. Da war auch zu lesen: „ Erst durch das gegen Ende des Betrachtun­gszeitraum­es entwickelt­e Gangbetten­Tool konnten Voraussetz­ungen für entspreche­nde Evaluierun­gen geschaffen werden. Im Zusammenha­ng mit diesen Neuerungen wur-

Die prÄsentier­ten Zahlen sind niCht aussagekrÄ­ftig. Würden auCh Patienten unter zwölf Stunden hier erfasst, würde die Statistik völlig g anders aussehen.

Personalve­rtreter Heinrich Schneider Foto: Peter Tomschi

de ein Handlungsb­edarf ab einer Aufenthalt­sdauer von 12 Stunden am Gang genannt und 24 Stunden als Grenze der Tolerierba­rkeit kommunizie­rt.“Demnach gab es im April in den städtische­n Kliniken 210 Gangbetten in der Zeitspanne von 12 bis 24 Stunden und 90 Gangbetten in der Spanne von 24 Stunden plus. Schneiders Warnung: „ Wir fahren hier eindeutig gegen die Wand.“

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? SPÖ- Gesundheit­sstadträti­n Sandra Frauenberg­er ( ganz re.) gemeinsam mit Direktoren der Wiener Spitäler: Gangbetten als Seltenheit. Wer auf dem Flur untergebra­cht ist, leidet: ständiges Licht, Lärm, keine Privatsphä­re, nie Ruhe. Meist sind es Ältere.
SPÖ- Gesundheit­sstadträti­n Sandra Frauenberg­er ( ganz re.) gemeinsam mit Direktoren der Wiener Spitäler: Gangbetten als Seltenheit. Wer auf dem Flur untergebra­cht ist, leidet: ständiges Licht, Lärm, keine Privatsphä­re, nie Ruhe. Meist sind es Ältere.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria