Ein Idiot, kein Narr
Wissenschafter haben herausgefunden, dass der Zahn der Zeit nicht nur den Körper verändert, sondern auch unsere Charakterzüge nicht so stabil sind wie bisher angenommen – alle 10 Jahre wandelt sich die Persönlichkeit. Mal mehr, mal weniger. Keine Berücksichtigung in dieser Studie fand sichtlich der Höhepunkt der Faschingszeit – denn der führt alljährlich vieler Ortens zum Komplettaustausch der Persönlichkeit.
Ein paar Tage jemand anderer zu sein, aus der eigenen Haut zu schlüpfen und sich eine neue zu borgen, die Alltagssorgen zu vergessen und sich Lachen als beste Medizin zu verordnen, das ist die fröhliche Grundidee der Faschingszeit. Ein lustiges Narrentum, das viele richtig ernst nehmen – und monatelang daran arbeiten, damit der Fasching ein bunter Glanzpunkt des Jahres wird.
In Köln, der Metropole des wilden Treibens, sorgte Oberbürgermeisterin Henriette Reker für eine hitzige Diskussion, weil sie beklagte, dass der Karneval vom Kulturgut zum „ allgemeinen Besäufnis“verkomme und immer geschmacklosere Blüten treibe. Auch der renommierte deutsche Schriftsteller Navid Kermani fürchtet den Verlust des kulturellen Hintergrunds der Narreteien. In einer Spaßgesellschaft verliere „ das Feiern seine eigentliche Bedeutung als etwas Besonderes, das vom Alltag befreit“.
Wer also den Fasching nur als Ausrede nimmt, um für ein paar Tage neben seiner Persönlichkeit auch jeglichen gesunden Menschenver- und Anstand abzulegen, der ist kein Narr. Nur ein Idiot.