Kronen Zeitung

Der Mohr hat seine Schuldigke­it getan...

Im deutschen Frankfurt wird erbittert versucht, zwei Apotheken mit dem Namen Zum Mohren umzubenenn­en. Die Debatte weitet sich aus und schwappt auf Österreich über – hier kennt man das Problem schon . . .

- MICHAEL PICHLER

Das hieß schon immer so, sagen die einen – das d erinnert an Rassismus und Sklaverei, protestier­en die anderen. In Frankfurt tobt derzeit eine heftige Debatte um die Bezeichnun­g Mohr. Das Wort dürfe es wie das „ N- Wort“einfach nicht mehr geben, es werte dunkelhäut­ige Menschen ab, erklärt die Ausländerv­ertretung, die 26 Prozent der Bevölkerun­g in Frankfurt vertritt. Die lokale CDU weist die Forderung als „ bizarr“zurück, die Grünen sind dafür. Mittlerwei­le weitet sich die Debatte auf viele deutsche Städte aus – sofern sie zwischen entnervten und entbehrlic­hen Wortspende­n, Achselzuck­en und hysterisch­en Forderunge­n noch sachlich geführt werden kann.

Ein Blick nach Österreich zeigt: Apotheken in Wien und Graz führen den Namen Zum Mohren, etliche Restaurant­s, eine Brauerei und vereinzelt Straßennam­en, etwa im zweiten Wiener Gemeindebe­zirk, ebenso. Alle distanzier­en sich von irgendeine­r Form von Rassismus oder Diskrimini­erung, auf das Thema angesproch­en, wird schon fast nicht mehr geantworte­t. Auch aus Angst, ins Visier so mancher Sprachpoli­zisten zu geraten.

Unter Dauerkriti­k befin-

det sich auch der allseits beliebte wie unschuldig­e Schokolade­kuchen mit Schlag, national besser bekannt als Mohr im Hemd. Neben den Debatten über die Dessert- und Speisekart­en dieses Landes ( Stichwort: Zigeunersc­hnitzel) veranlasst­e 2009 eine Werbekampa­gne des Eisherstel­lers Eskimo für eine neue Eiskreatio­n mit Mohr- imHemd- Geschmack sämtliche Gegner zum Aufschrei. „ I will Mohr“hieß der Slogan, der vor dem Werberat landete. Die Kampagne lief leise aus.

„ No Mohr“kontern diverse Vereinigun­gen, Sprachwiss­enschafter weisen auf die Macht des Wortes hin und empfehlen, auf den Begriff zu verzichten, da dieser Menschen verletze. Die „ Ausrede“, der Begriff sei historisch so übertragen, lassen sie nicht mehr gelten.

Fakt ist: Negativ belegt war der Mohr schon immer, auch wenn es die wenigsten heute so auslegen würden bzw. auch Abwandlung­en existieren, sobald man sich lokale Unterschie­de ansieht. Sardinien etwa führt vier Mohrenköpf­e in der Flagge, gemeint sind die Mauren, die mit der Besatzung der Insel in Verbindung gebracht werden. Kein Mensch dürfte heute hier Rassismus vermuten.

„ Der Mohr hat seine Schuldigke­it getan, der Mohr kann gehen“– so formuliert­e es Friedrich Schiller schon im 18. Jahrhunder­t. Jetzt scheint er wirklich gehen zu müssen . . .

 ??  ?? Brutaler Umgang mit dem „ Fremden“: Angelo Soliman, Wiens bekanntem „ Hofmohren“, wurde nach seinemTod 1796 die Haut abgezogen und als Stopfpräpa­rat im kaiserlich­en Naturalien­kabinett ausgestell­t.
Brutaler Umgang mit dem „ Fremden“: Angelo Soliman, Wiens bekanntem „ Hofmohren“, wurde nach seinemTod 1796 die Haut abgezogen und als Stopfpräpa­rat im kaiserlich­en Naturalien­kabinett ausgestell­t.
 ??  ?? Das Dessert Mohr im Hemd gerät immer wieder ins Kreuzfeuer. Die beliebte/ verhasste Alternativ­e: Schokokuch­en mit Schlag.
Die Vorarlberg­er Brauerei hat mit Anfeindung­en zu kämpfen, sie verwehrt sich aber seit Jahren gegen Rassismusv­orwürfe.
Das Dessert Mohr im Hemd gerät immer wieder ins Kreuzfeuer. Die beliebte/ verhasste Alternativ­e: Schokokuch­en mit Schlag. Die Vorarlberg­er Brauerei hat mit Anfeindung­en zu kämpfen, sie verwehrt sich aber seit Jahren gegen Rassismusv­orwürfe.
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 ??  ?? Straßennam­en in Wien: Auch hier gibt es Überlegung­en, die Namen wegen Rassismusb­edenken zu ändern. Offizielle Anträge dazu gibt es aber noch nicht. Die Gassen sind historisch so benannt, wenige sehen einen Grund zur Änderung.
Straßennam­en in Wien: Auch hier gibt es Überlegung­en, die Namen wegen Rassismusb­edenken zu ändern. Offizielle Anträge dazu gibt es aber noch nicht. Die Gassen sind historisch so benannt, wenige sehen einen Grund zur Änderung.
 ??  ?? Restaurant in der Salzburger Judengasse. Den Namen tragen viele Lokale im deutschen Sprachraum.
Restaurant in der Salzburger Judengasse. Den Namen tragen viele Lokale im deutschen Sprachraum.
 ??  ?? Die Mohren- Apotheke im ersten Wiener Bezirk, gegründet 1350: Der Name geht nach eigenen Angaben auf einen besonders heilkundig­en Äthiopier ( in der Bildmitte) zurück.
Die Mohren- Apotheke im ersten Wiener Bezirk, gegründet 1350: Der Name geht nach eigenen Angaben auf einen besonders heilkundig­en Äthiopier ( in der Bildmitte) zurück.

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