Kronen Zeitung

Die drei Persien

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Iranische Opposition­sgruppe in Europa verlangte eine Absage der Visite, Israel und die USA haben ebenfalls keinerlei Verständni­s für den Besuch. Und trotzdem ist es gut und richtig, dass der iranische Präsident Hassan Rouhani nach seiner Schweiz- Visite auch in Wien mit allen Ehren empfangen worden ist. Denn Rouhani ist zwar kein im westlichen Sinn aufgeklärt­er Reformer, steht aber dennoch für jenes Persien, das sich öffnen möchte. Für jenes Persien, das – bei allen Widersprüc­hen und aller berechtigt­en Kritik – gleichbere­chtigt teilnehmen möchte am internatio­nalen Konzert der Völker. Dafür wurde Rouhani gewählt, vor allem auch von den vielen gut ausgebilde­ten jungen Menschen, die einfach nur ein normales Leben führen möchten.

Um das zu ermögliche­n, wäre eine Erholung der am Boden liegenden Wirtschaft, eine Erholung der Wechselkur­se notwendig. Der Wiener Atom- Deal, der den Iran daran hindern sollte, Nuklear- Waffen zu entwickeln, sollte den Weg dorthin ebnen. Leider hat das nur sehr begrenzt funktionie­rt, nicht rasch genug für die – wohl überzogene­n – Erwartunge­n. Und jetzt droht das komplette Aus, nachdem US- Präsident Trump das Ab- kommen einseitig aufgekündi­gt hat und den Iran mit neuen weltweit Auswirkung­en habenden Sanktionen wirtschaft­lich brechen will.

Denn Trump und seine Konservati­ven haben keinen Blick für das Persien, für das Rouhani in Europa aber auch China und Russland steht, sie sehen nur das zweite Persien, das zweifellos ebenso existiert. Das Land, das im Nahen Osten den „ schiitisch­en Halbmond“von Teheran über Bagdad bis Damaskus und Beirut vorantreib­t. Eine Entwicklun­g, in der Israel eine existenzie­lle Bedrohung sieht. Dieses zweite Persien führt im Jemen auch einen Stellvertr­eterkrieg gegen den sunnitisch­en Erzfeind Saudi- Arabien, einen engen US- Alliierten.

Und dann gibt es noch das dritte Persien. Jene stockkonse­rvativen Kräfte im Land, die Rouhani stürzen und den Atom- Deal kündigen wollen. Jene Kräfte, die atomar aufrüsten und Israel tatsächlic­h vernichten wollen. Diese Seilschaft­en sind es vermutlich auch, die hinter dem vereitelte­n Terrorangr­iff auf ein großes Zusammentr­effen iranischer Opposition­eller in Paris stecken, in den auch ein mittlerwei­le verhaftete­r Mitarbeite­r der iranischen Botschaft in Wien verstrickt ist.

Der geplante Anschlag war der – zum Glück misslungen­e – Versuch, Rouhani ultimativ zu diskrediti­eren. Vom Westen fallen gelassen, wäre Rouhani dann wohl sehr rasch entmachtet und Persien könnte in ganz dunkle Zeiten zurückfall­en. Den iranischen Präsidente­n zu empfangen ist Österreich­s bescheiden­er Anteil am Versuch, das zu verhindern.

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