Nicht die feine Art
Dass sich die Zeiten und die Lebensumstände geändert haben und es daher auch mal nötig ist, länger zu arbeiten, dagegen ist nichts einzuwenden. Noch weniger gegen eine Flexibilisierung der Arbeitszeit, die auch eine längere Freizeit gestattet.
Das Problem beim derzeit tobenden Kampf um die Arbeitszeit ist aber nicht das Gesetz selbst, sondern die Art und Weise, wie es von der Regierung umgesetzt, ja durchgepeitscht wird. Höflich gesagt, ist es nicht die feine Art. Man kann es aber sicher auch drüberfahren, austricksen, Dampfwalzen- Technik, ignorant oder ohne Rücksicht auf Verluste nennen.
Die Regierung hat es verabsäumt, auf die Sorgen und Bedenken der Menschen einzugehen, ja sie überhaupt hören zu wollen. Die Regierung hat es verabsäumt, jene ernst zu nehmen, die Angst haben, dass sie ihren Job verlieren, falls sie nicht „ freiwillig“zwölf Stunden am Tag arbeiten. Das Einzige, das der türkisblauen Koalition zur Demonstration von 80.000 bis 100.000 Teilnehmern am vergangenen Samstag in Wien einfiel, war, dass es zum Glück eine Meinungsfreiheit gebe. Das ist wahrlich überheblich. Und es ist, wieder höflich gesagt, nicht die feine Art, das Gesetz jetzt plötzlich und überfallsartig schon im Herbst in Kraft treten zu lassen.
ÖVP und FPÖ suhlen sich derzeit in ihren ausgesprochen guten und stabilen Umfragewerten. Angeblich sei da auch schon die Arbeitszeit- Debatte berücksichtigt, sagen die Regierungsparteien. Ob sie sich da nicht täuschen?