Beinahe jeder Tag ein Aufreger
Sie waren Stars im früheren Job. Alpha- Tiere. Wie geht es Promi- Einsteigern in der Politik? Was beeindruckte sie? Was finden sie peinlich?
Sowie das Schuljahr geht auch das Parlamentsjahr zu Ende. Die offizielle Arbeitsbilanz: Der Nationalrat hat 62 Gesetze beschlossen. Hinter den Zahlen stecken Höhen und Tiefen des Polit- Geschäfts. Wie erleben das selbstbewusste PolitNeulinge? Wie haben sie sich in ihrer ersten Saison im neuen Job geschlagen? HöhenundTiefen, Plus und Minus. Eine ganz persönliche Bilanz.
Josef Moser stand zwölf Jahre lang an der Spitze des Rechnungshofs. Als oberster Kontrollor der Republik konnte er wichtige Reformen lediglich empfehlen. Mehr nicht. Gestalten war nicht drin. Jetzt als Reformminister im türkisen Team ist das anders. Als größtes Plus im neuen Job sieht er „ die Möglichkeit, zusammen mit den Österreichern die zahlreich vorliegenden Empfehlungen umzusetzen!“Sein Ministerium brachte in den ersten sechs Monaten die meisten Gesetzesvorlagen ein. Genauso freut ihn, dass noch vor der Sommerpause die Ab- schaffung von 2450 veralteten Rechtsvorschriften gelungen ist. Seine aufregendsten Momente? „ Es war beinahe jeder Tag aufregend und ereignisreich“, so Moser gut gelaunt.
Das größte Minus sei persönlicher Natur. Moser erlitt im März eine Blutvergiftung mit Komplikationen. „ Das hat mir schmerzlich bewusst gemacht, wie wertvoll die Gesundheit ist und wie gut man darauf aufpassen muss.“Genau das will er im Sommer tun, sich ein wenig Ruhe gönnen und neue Kraft tanken.
Freie Rede statt einer Leseübung
Der prominente Mathematiker Rudolf Taschner fühlt sich in seiner neuen Rolle als ÖVP- Bildungssprecher wohl. Als Universitätsprofessor weiß er Leistungen zu beurteilen. In der Politik will er keine Noten vergeben. „ Die Leistung von politischen Funktionären lässt sich nur schwer bewerten. Man sollte selbst stets reflektieren und seinen Einsatz und seine Leistung hinterfragen!“Gibt es sogar für einen Uni- Professor noch peinliche Momente? „ Ja, peinlich war mir, dass ich bei meiner ersten Rede noch ein Papier als Unterlage verwendete.“Seither spricht er frei! Was wohl nicht alle Redner von sich behaupten können.
Ein respektvoller Umgang miteinander
Den Sprung in die Höhen und Tiefen der Politik wag- te auch die frühere Präsidentin des Obersten Gerichtshofs Irmgard Griss ( NEOS). Ihre Beurteilung des Nationalrats? „ Gut finde ich, dass sich die Regierung den Fragen und der Kritik der Abgeordneten stellen muss. Leider wird das Rednerpult oft mit einer Bühne für Selbstdarsteller verwechselt“, so der Eindruck der NEOS- Justizsprecherin. Zu selten würden Argumente ausgetauscht, um zu einer besseren Lösung zu kommen. Ihre Anregung: ein Verhaltenskodex für Mandatare, um einen respektvollen Umgang miteinander zu erreichen! Als peinlich empfindet sie manche Zwischenrufe. „ Oft sind sie einfach nur dumm.“
Der Umgang miteinander sorgt immer wieder für Aufregung. Daher auch der Appell von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka ( ÖVP) an die Mandatare zum Parlamentskehraus: „ Niemals den Respekt gegenüber dem Andersdenkenden vermissen lassen!“Genug Stoff zur Vorbereitung für den Herbst.