Unsere Schuleund wir Besserwisser
Ferien überall! Geht es um den Unterricht, so sind die Österreicher lauter Auskenner, die angeblich das Allerklügste zu sagen haben. Der Haken: Irgendwie reden ausgerechnet all jene Beteiligten, die keine Schüler sind, unsere Schulen im Land ungewollt sch
Die Eltern: Liebe Mamas, Papas, Omis und Opis, man darf nicht immer von sich auf andere schließen! Wer heute 50 Jahre alt ist, sah zuletzt in den frühen Achtzigerjahren des vorigen Jahrhunderts eine Klasse länger von innen. Sich aufgrund damals gemischter oder schlechter Erfahrungen eine schulpolitische Meinung zu basteln, das ist mehr als gewagt.
Trotzdem steuert fast jeder Erwachsene in Diskussionen über die Schule persönliche Geschichten bei, warum der Unterricht und die Lehrer wie vor 20, 30 oder 40 Jahren unnötig, unfähig, unmöglich und Schlimmeres seien. Auch Negativgeschichten der eige-
nen Kinder und Enkel nennt man nicht Einzelfall, sondern stellt jede Kritik als allgemein gültige Weisheit dar.
Niemand behauptet beim Fliegen, dass alle Piloten dumm wären und man selber mehr von Flugzeugen versteht. In Schulfragen aber sind wir Besserwisser und ignorieren gerne die Fachmeinung von Bildungsexperten. Das gleicht den MöchtegernFußballchefs vor dem Fernsehgerät, für die alle echten Spieler, Trainer und Schiedsrichter als bescheuert gelten. Was ähnlicher Unsinn ist wie die Volksmeinung, Lehrer seien faule oder weltfremde Vollpfosten. Die Lehrer: Ihr seid um nichts besser! Ja, es stimmt, dass bei rund 2,4
Millionen Eltern von schulpflichtigen Kindern in Österreich euch jeder erklären will, wie man den Lehrerjob eigentlich macht. Auch Journalisten und Politiker tun das, doch ist Schule eben ein allgemeines Thema. Warum tun manche Lehrergewerkschafter da überrascht? Das ist so, als würdet ihr euch wundern, dass viele Leute über das Wetter, den Autoverkehr oder die FußballWM reden.
Wenn wir besserwisserisch unseren Senf zur Schule geben, ist das nicht furchtbar gemein, sondern liegt in der Natur der Sache. Die Öffentlichkeit rottet sich nicht zusammen, um Gemeinheiten gegen Lehrer auszuhecken. Sprecht daher bitte
statt Erzählungen über Schattenseiten des Berufs mehr über das Schöne und eure tollen Leistungen, was alles für die Schüler getan wird.
Dabei geht es nicht darum, ob die Kollegen zustimmen. Macht euch Gedanken, ob eine Verkäuferin, ein Bauarbeiter oder Bürohengste euch verstehen. Es gibt fast 130.000 Lehrer, doch Millionen Arbeiter und Angestellte in anderen Berufen. Wie würdet ihr in deren Arbeitssituation eure Tätigkeit sehen? Und das am Beginn der Sommerferien.
Manchmal würde es vielleicht helfen, wenn Lehrer nicht von ihrer Schulausbildung über die Hochschule bis zum Unterrichten in der Schule meistens bloß eine einzige Berufs- und Lebenswelt unmittelbar erfahren. Ach ja, und im Lehrerberuf müsst ihr oft „ Ich weiß es und habe recht!“denken. Trotzdem sind nicht sämtliche Ratschläge von außen falsch und habt ihr die Wahrheit über die bestmögliche Schule nicht gepachtet. Die Politiker: Ihr Parteimenschen habt offenbar die Gesprächsform ver-
innerlicht, was alles schlecht ist und dass die jeweils andere Partei schuld sei. Das führt dazu, dass – siehe Deutschklassen – schulpolitische Sachdebatten regelmäßig damit enden, die Politik der Gegenseite sei blöde bis menschenfeindlich und bedeute den Untergang des Abendlandes.
Das beste Beispiel ist stets die PISA- Studie, welche Österreich im internationalen Vergleich mittelmäßige Schulleistungen bescheinigt. Je nach Standpunkt würden ÖVP, FPÖ, SPÖ, NEOS oder Grüne schuldig sein. Ist ein Politiker im Schimpfrausch, macht er womöglich um der Abkürzungen willen genauso ÖAAB und ÖAMTC, FSG und FIFA, FKK und FUCK, NSDAP und NGO oder USA und UNO zu Totengräbern der Schule. Das ist kein Gesprächsklima, in dem Fehler analysiert, Lösungen überlegt und Verbesserungen gemacht werden. Die Medien: Man muss vor der eigenen Tür kehren. Wenn sechs Prozent der Maturanten in Mathematik einen Fünfer haben, so mag das zu viel sein. Gab es je-
doch eine Mediengeschichte mit dem Titel, dass 94 Prozent die „ Mathematura“geschafft haben? Nein. In anderen Fächern sind es bis nahezu 100 Prozent. Es wäre interessant zu erfahren, was diese Schüler alles gelernt haben und nun können.
Dasselbe gilt von der Volksschule an für alle Schultypen. Medial sollte häufiger berichtet werden, dass die Schule eine enorm positive Funktion in unserer Gesellschaft hat. Was wird an den über 5700 Schulen in mehr als 55.000 Klassen gelehrt, weil es richtig und wichtig ist? Welche modernen Unterrichtsmethoden werden verwendet? Was hat sich seit der eigenen Schulzeit verbessert? Nicht nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten.