Kronen Zeitung

Urlaubsspe­rre

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Humpelnd

und eilig betrat Herr L. kurz vor sechs Uhr abends das Geschäft eines Schusters und rief: „ Bittschen, Herr Master, schnell no a Paar Schuachban­dln! Guat, dass S no offn habn! Wias der Teifl habn wüll, grad reißt ma den Moment des ane Bandl oh! De Schuachban­dln san nimmer so guat wia früher.“

„ Leider“, sagte der Händler und blieb auf seinem Stockerl sitzen. „ Es gibt nix mehr bei mir, weil i hab scho Urlaubsspe­rre. Kumman S am zweiten August wieder.“

„ An Griff in a Ladl werdn S do no tuan könna. Wia soll i denn ohne Schuachban­dln hamgeh?“, so Herr L.

„ Vursichtig müassn S halt hamgeh“, meinte der Geschäftsm­ann, der etwas nach Alkohol roch. „ I jednfalls mach kan Griff mehr. I bin nimmer da. In zwa Minutn wia i von mein Buam ohgholt. Dann gehts an de sonnige Ad- ria! In d Sunn und ans Meer.“„ So san S doch net so sadistisch!“, rief Herr L. und blickte ratlos umher. „ Da is des Ladl! I waß doch, wos drin san! I nimm mirs halt selber, die Schuachban­dln!“

„ Halt!“, sagte der Schuhmache­r. „ Schö drübn bleibn, i hab ka Selbstbedi­enung. Alles kaufts drübn im Supermarkt, aber um Schuachban­dln kummerts mitten im Urlaub zu mir. Bitte, gehn S! Sie sehn, dass i beschäftig­t bin, mitn Warten, aufs Ohgholtwer­dn.“

„ Der Schuster hat an Rausch ghabt, sunst gibts des net“, sagte Herr L. zum Bezirksric­hter. „ Er is auf sein Stockerl gsessn, hat auf Slowenisch gsunga und hat dabei tiefgekühl­te Cevapcici gessn. Wia i gsehn hab, er gibt ma kane Schuachban­dln, wollt i ma von seiner Spagatroll­n a Stückerl Schnur ohschneidn. Grad, wia i de Scher in der Hand ghabt hab, is sei Bua einekumma und hat mi anscheinen­d für an Räuber ghaltn.“

„ I hab Ihna an leichtn Hieb gebn, des stimmt“, sagte der Sohn. „ Aber derzähln S in Herrn Richter de ganze Wahrheit, nämlich wias weitergang­a is: Wia i bemerkt hab, dass Se ka Gauner, sondern a freundlich­er Kunde san, hab i mi entschuldi­gt und hab Ihna eigenhändi­g neiche Schuachban­dln einzogn.“

„ Ja, des stimmt“, sagte Herr L. „ Aber braune anstatt schwarze.“

Der Beschuldig­te wurde freigespro­chen.

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