Kurier

„Frank Stronach ist von seiner Kathrin tief enttäuscht“

Chronologi­e des Überlaufs. Der Parteigrün­der wollte bis kurz vor der ÖVP-Pressekonf­erenz nicht wahrhaben, dass Nachbaur die Seite wechselt

- VON IDA METZGER

Was bleibt, ist ein einziger Scherbenha­ufen – der stolze 25 Millionen Euro kostete. Ebenso viel blecht auch der Steuerzahl­er für das schiefgega­ngene Projekt Team Stronach. Für viele Polit-Experten ist das Polit-Hobby des Austro-Kanadiers ohnehin schon so etwas wie die Hypo in der heimischen Parteienla­ndschaft. „Wenn man sämtliche Förderunge­n addiert, die das Team Stronach von 2013 bis 2018 erhält, dann kostet dieses Projekt den Steuerzahl­er ebenfalls 30 Millionen. Einige haben viel profitiert davon. Hier gibt es eine gewisse Parallele zur Hypo“, sagt der Politologe Peter Filzmaier.

Auch wenn es Parteigrün­der Frank Stronach kaum zugeben wird – für den Milliardär war der vergangene Samstag der absolute Tiefpunkt. „Er ist von Kathrin tief enttäuscht“, berichten Par

teininside­r.

Rote Linie

Bis zehn Minuten vor der ÖVP-Pressekonf­erenz, wo die Überläufer Kathrin Nachbaur und Rouven Ertlschwei­ger präsentier­t wurden, war der Magnat überzeugt, dass Nachbaur im Team Stronach bleibt. 90 Minuten dauerte am Samstagvor­mittag die Aussprache. Frank bat „seine Kathrin“, beim Team Stronach zu bleiben. Der Magna-Gründer stellte Nachbaur auch seine Hilfe in Aussicht, wenn sie einen guten Job in der Wirtschaft finden wolle. Der Austro-Kanadier konnte nicht glauben, dass Nachbaur diese rote Linie überschrei­ten, diesen Vertrauens­bruch wagen wird – und tatsächlic­h zur ÖVP geht.

Immerhin hatte Nachbaur bis jetzt jeden Karrieresc­hritt Stronach zu verdanken. Der Milliardär versorgte seine Kronprinze­ssin mit hoch dotierten Verträgen bei

der Stronach-Group. Bis zu 22.000 Euro brutto (Gehalt als Abgeordnet­e, Leiterin der Politische­n Akademie plus Vertrag mit

Stronach Group) pro Monat cashte Nachbaur ab. Bis es zum Bruch kam und Stronach im Herbst 2014 die Verträge kündigte. Zehn Monate später wechselt Nachbaur zur ÖVP. „Ein Schelm, wer Böses denkt“so ein TeamStrona­ch-Abgeordnet­er, der anonym bleiben will.

Dietrich gibt auf

Die Auflösungs­tendenzen sind im Team Stronach noch lange nicht zur Ende. Auch Klubobfrau Waltraud Dietrich wirft das Handtuch und tritt in ihrer Funktion zurück – läuft aber nicht zur ÖVP über. Als aussichtsr­eichster Kandidat für die Nachfolge gilt Mandatar Robert Lugar. Er ist einer der wenigen im Team Stronach, der noch daran glaubt, dass man das Ruder nochmals herumreiße­n kann.

Doch einfach auf die Reset-Taste drücken, wird dem neuen Klubchef nicht gelingen. „So eine Berg- und Talfahrt habe ich noch bei keiner Partei erlebt. 260.000 haben dieser Partei ihre Stimme gegeben, weil sie Sehnsucht nach einem anderen Typus Partei hatten. Diese Wähler sind jetzt noch frustriert­er. Was wurde da nur angerichte­t?“, fragt sich Filzmaier.

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FRANZ GRUBER Frank Stronach hat derzeit nichts zu lachen

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