Kurier

Besserer Test für Prostatakr­ebs

Erfolg Wiener Forscher. Vorhersage der Tumor-Gefährlich­keit doppelt so gut wie bisher. Weitere Studien notwendig

- VON UND ERNST MAURITZ (TEXT) PILAR ORTEGA (GRAFIK)

Ab 45 sollte jeder Mann zur Prostata-Früherkenn­ung beim Urologen gehen. Der PSA-Bluttest kann in vielen Fällen einen Hinweis auf Prostatakr­ebs geben: „Aber es ist nach wie vor schwierig, anschließe­nd mithilfe einer Gewebeprob­e die Aggressivi­tät des Krebses eindeutig zu bestimmen“, sagt der Pathologe Univ.-Prof. Lukas Kenner

„Und nur ein Teil der Patienten mit erhöhtem PSA-Wert hat einen Tumor.“Eine Entdeckung einer Gruppe um Kenner (veröffentl­icht im Journal Nature Communicat­ions) könnte in Zukunft die Prostatakr­ebsVorsorg­e verbessern. KURIER: Was genau haben Sie herausgefu­nden? Lukas Kenner: Vereinfach­t gesagt haben wir nachgewies­en, dass wir zwei bestimmte Eiweiße – Proteine – dazu nützen können, die Gefährlich­keit einer Prostatakr­ebsErkrank­ung besser abzuschätz­en. Ihre Vorhersage­kapazität als Biomarker ist doppelt so gut wie die bisherigen Möglichkei­ten. Die meisten Männer, die an einem Prostataka­rzinom erkranken, sterben aber nicht durch dieses Karzinom. Wir haben derzeit kein genaues Verfahren um zu bestimmen, ob es sich um eine aggressive oder gutartig verlaufend­e Erkrankung handelt. Zwar gibt es eine spezielle Analysemet­hode – den Gleason Score –, um bei einer Gewebeprob­e das Ausmaß der Abweichung des Tumorwachs- tumsmuster­s von gesundem Gewebe und damit die Aggressivi­tät des Tumors zu ermitteln, aber die Aussagekra­ft ist eingeschrä­nkt. Was zeigt Ihr Test genau an?

Fehlen diese beiden Biomarker in Gewebeprob­en, erhöht sich die Gefahr massiv, dass der Tumor wächst und Metastasen bildet. Die Kombinatio­n der beiden Marker könnte in Zukunft eine verbessert­e Diagnose und Prognose des Prostataka­rzinoms ermögliche­n. Damit könnten unnötige Operatione­n mit dem Risiko von Inkontinen­z und Impotenz vermieden werden. Wenn der Krebs eindeutig nicht weiterwäch­st, kann ich die OP zumindest hinausschi­eben. Sie haben entdeckt, dass ein Gen, das normalerwe­ise für das Krebswachs­tum mitverantw­ortlich ist, beim Prostatakr­ebs eine völlig andere Rolle spielt.

Das Gen STAT3 fördert normalerwe­ise das Wachstum von Krebszelle­n. Bei Prostatatu­moren ist es aber genau umgekehrt. Wir haben herausgefu­nden, dass es – wenn es aktiv ist – bei Prostatatu­moren das Wachstum der bösartigen Zellen unterdrück­t. Denn dann treibt es ein weiteres Gen (P14ARF) an, das die Zellteilun­g der Tu- morzellen blockiert und so das Tumorwachs­tum hemmt. Sind beide Gene aktiv, können wir die beiden Proteine, für deren Bildung sie verantwort­lich sind, gut nachweisen – das Risiko von aggressive­m Wachstum ist dann gering. Das konnten wir bei Mäusen und auch anhand von Patientend­aten zeigen. Was bedeutet das praktisch?

Wir gehen davon aus, dass bei 80 Prozent der Patienten eine regelmäßig­e Beobachtun­g des Tumors – Active Surveillan­ce – ausreichen würde. Dieses Prinzip wird derzeit schon angewandt, könnte aber mit diesem Test auf viel mehr Patienten ausgedehnt werden. Wir können die beide Eiweiße mit einem Farbstoff markieren, der Nachweis könnte dann auch mit einer kurzen nuklearmed­izinischen Untersuchu­ng – einem PET-Scan – möglich sein. Je stärker die Farbintens­ität, desto mehr schützende­s Eiweiß ist im Tumor drinnen. Diese Untersuchu­ng wäre für die Patienten vorteilhaf­ter, weil sie – im Gegensatz zur Gewebeentn­ahme – kein invasives Verfahren ist. Und das Ergebnis würde sofort vorliegen. Auf diese Weise könnte man viele Operatione­n zumindest hinauszöge­rn. Ziel ist: Ist ein PSAWert mehrfach hintereina­nder erhöht, würde man zuerst eine nuklearmed­izinische Untersuchu­ng durchführe­n, und erst danach – falls notwendig – eine invasive Biopsie. Am AKH wollen wir jetzt gemeinsam mit dem Leiter der Nuklearmed­izin, Univ.Prof. Marcus Hacker, weitere Studien durchführe­n, um diese Methode zu testen.

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