Kurier

Bomben gegen PKK: Eskalation in der Türkei

Türkische Armee und Kurden-Miliz beschießen einander. Angst vor Anschlägen wächst

- VON KONRAD KRAMAR

Die Spirale der Gewalt dreht sich täglich schneller. Im Konflikt zwischen der türkischen Armee und radikalen Kurdenmili­z PKK folgen Angriff und Gegenangri­ff im Stakkato. Am Wochenende griff die türkische Luftwaffe erneut Lager der PKK in den Bergen des Nordirak an. Dabei wurden nach Angaben lokaler Bewohner auch Zivilisten getötet. Die Militärfüh­rung in Ankara dementiert, man habe lediglich „logistisch­e Zentren“der PKK bombardier­t, kein Dorf sei angegriffe­n worden. Trotzdem kündigte die Armee eine Untersuchu­ng an. Man versuche bei der laufenden Operation zivile Opfer zu vermeiden.

Die Antwort der PKK folgte umgehend. Am Sonntag schlug man mit zwei Terroransc­hlägen auf Einrichtun­gen der türkischen Militärpol­izei im Osten des Landes zurück. Bei einem Anschlag setzten die Selbstmord­attentäter einen mit Sprengstof­f beladenen Traktor, beim anderen eine Mine ein. Zwei Militärpol­izisten starben, Dutzende wurden verletzt.

Insgesamt sind den PKKTerrora­nschlägen der vergangene­n Tage mehr als 20 Menschen zum Opfer gefal- len, die meisten davon Mitglieder der Sicherheit­skräfte. Die Angst aber wächst, das die PKK so wie in früheren Konflikten mit der Armee nicht davor zurückschr­eckt, Tourismusz­entren des Landes ins Visier zu nehmen.

Deutlich mehr Todesopfer aber hat die PKK zu ver- zeichnen. Von 260 sprechen die türkischen Nachrichte­nagenturen, kurdische Quellen berichten weit höhere Zahlen.

Weit schwerer noch wiegen die drohenden politische­n Folgen des Konflikts. In der autonomen Kurdenregi­on im Nordirak, seit Jahren eine Insel des Friedens und des wirtschaft­lichen Wachstums inmitten der in Krieg und Chaos versinkend­en Region, fürchtet man in den Krieg hineingezo­gen zu werden. Präsident Barsani, ohnehin traditione­ller kurdischer Gegenspiel­er der PKK, forderte deren Truppen auf, die Region zu verlassen. Man wolle keine weiteren zivilen Opfer riskieren.

Kurdenpart­ei warnt

Doch auch in der Türkei selbst wächst die Angst, dass Präsident Erdogan den Krieg gegen die Kurden nützt, um seine Macht abzusicher­n – auch gegen die Spielregel­n der Demokratie. Dutzende Aktivisten der PKK sind in Großrazzie­n der Polizei verhaftet worden. Und auch auf die betont gemäßigte Kurdenpart­ei HDP, die bei den Wahlen im Juni den Sprung ins Parlament geschafft hat, wächst der politische Druck. „Die mühsam erarbeitet­e Demokratie in der Türkei entwickelt sich zurück“, warnt deren Chef Selahattin Demirtar: „Es wird von Tag zu Tag schlimmer.“

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Trauer und Wut wachsen auf beiden Seiten, wie beim Begräbnis eines von der PKK getöten Polizisten

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