Friedensprojekt
Einsatz der bosnischen Frauen für Versöhnung.
Das Wichtigste ist, in Bewegung zu bleiben und immer etwas Sinnvolles zu tun. Das bringt uns auf andere Gedanken und mit einem guten Plan bringt es auch Geld“, sagt Jasmina Kurtagić und setzt sich an einen der alten Handwebrahmen. Die Präsidentin des Frauenvereins Kulen Vakuf im Nationalpark Una in Westbosnien will keine Zeit verlieren und heute noch zwei kleine Teppiche weben. „Es hat sich eine Gruppe aus Italien angekündigt und sie kaufen solche Sachen gerne, also sollten wir einiges davon im Lager haben“, lacht sie.
Seit acht Jahren gibt es den Frauenverein in Kulen Vakuf, in einem Ort mit großem touristischen Potenzial. Besucher aus der ganzen Welt kommen hierher, um zu wandern, zu fischen oder zu paddeln. Die Gründung des Nationalparks Una hat das Angebot noch attraktiver gemacht und die Frauen wollen nun davon profitieren.
Handgewebtes verkauft sich besser
„Die Schönheit der Una ist weltbekannt und wir haben hier Touristen aus Italien, Österreich und Deutschland, aber auch aus Frankreich oder den arabischen Ländern. Italiener haben bei uns auch das Weben auf den Handwebrahmen gelernt und haben auch mitgekocht. Das war nett, hat uns und ihnen gefallen und hat auch Geld gebracht“, erzählt Kurtagić. Seit drei Jahren bietet der Verein auch das Catering-Service im Nationalpark mit selbst gemachten Speisen an. Die Qualität dieser hat auch schon so manchen Diplomaten-Gaumen überzeugt. Auch politische Delegationen lassen sich die Schönheit der Una nicht entgehen und das Mittagessen in Kulen Vakuf ist mittlerweile fast obligatorisch.
Dabei hat es hier vor einigen Jahren sehr trist ausgesehen. Der Nationalpark und der Frauenverein befinden sich in einer Gegend, die im Krieg viel gelitten hat. Es gibt kaum ein Haus in Kulen Vakuf, das im Krieg nicht ein Familienmitglied verloren hat. Ganze Dörfer wurden niedergebrannt, Vertreibungen und Vergewaltigungen standen auf der Tagesordnung. „Unser Verein ist aus Not entstanden“, erzählt Kurtagic. „Nach dem Krieg in Bosnien gab es hier keine Arbeit und wir alle waren sehr depressiv. Frauen, die ihre Männer oder Söhne verloren haben, haben sich schon aufgegeben gehabt, doch durch den Verein haben wir es geschafft, sie aus dem Haus zu locken und sie wieder unter Menschen zu bringen. Das ist eine große Sache, diese Frauen sind wieder mit Leben erfüllt“, erzählt Kurtagić.
Hilfe von der Weltbank
Unterstützt wurden die Frauen in Kulen Vakuf von der Weltbank und der EU, mit diesen Geldern wurden die Web- rahmen gekauft und in Werbung investiert. Der Erfolg hat sich herum gesprochen und mittlerweile gibt es auch andere Vereine aus der Region, die nach Kulen Vakuf kommen, um sich im Frauenverein zu erkundigen, wie sie an eine EU-Förderung kommen. „Letzte Woche war hier ein Frauenverein aus Kroatien, direkt neben der Grenze, aus einem Dorf mit mehrheitlich serbischer Bevölkerung. Wir haben ihnen dann erklärt, wie sie die Anträge stellen. Unsere Männer haben im Krieg gegeneinander gekämpft, aber da machen wir keinen Unterschied. Wir alle haben darunter gelitten und wir alle müssen die Gegend wieder gemeinsam auf bauen“, sagt Kurtagić.
Das tun sie auch, und es bringt sie wieder zum Lachen. „Nicht nur, dass viele Freundschaften aus der Vorkriegszeit wieder gepflegt werden, von dem verdienten Geld könnte auch das eine oder andere an den im Krieg zerstörten Häusern repariert werden. Und es blieb auch Geld für Reisen übrig, letztes Jahr besuchte der Verein Istanbul, nächstes Jahr wollen die Frauen nach Paris. Nach der Gruppe aus Italien müssten wir in der Kasse endlich genug haben“, lacht Kurtagic. Lächelnd und gemeinsam wollen sie dann auch fotografiert werden. „Wir sind keine Opfer, wir nehmen unseren Schicksal in unsere Hände“, ruft dabei jemand aus der Gruppe. Und fügt hinzu: „Erzählt von uns in Österreich und schickt uns ähnliche Frauenvereine zu Besuch, für gute europäische Projekte sind wir immer offen!“