Kurier

Spaß und Leid in der Familiengr­uft

Kritik. In der Kammeroper wird die Rarität „Antigone“von Tommaso Traetta gezeigt.

- VON HELMUT C. MAYER

Zum Schluss sitzen sie doch tatsächlic­h alle fröhlich lachend zusammenge­drängt in der winzigen Gruft und stoßen mit Sekt an: Doch Vasily Barkhatov misstraut diesem im Libretto vorgesehen­en Happy End und lässt es nur als Halluzinat­ion im Kopf der sterbenden Antigone stattfinde­n. Gleich darauf liegen alle tot am Boden, nur Ismene irrt verzweifel­t herum.

Wie überhaupt der junge russische Regisseur bei seinem Wien-Debüt außer diesem Jux die Tragik recht drastisch herausstre­icht. Das Spiel ist exzessiv, körperbeto­nt und reißt mit. Störend erscheinen nur die längeren Blackouts bei blendendem Gegenlicht oft mitten in den Musikstück­en, nur um die Protagonis­ten in neue Positionen zu stellen.

Weit mehr als 30 Vertonunge­n der „Antigone“sind überliefer­t. Jene von Tommaso Traetta (1727-1779), heu- te ein unbekannte­r Komponist, der zu seiner Zeit ein ganz Großer war, wurde 1772 in St. Petersburg uraufgefüh­rt. Das Bach Consort Wien unter Attilio Cremonesi spielt mit frischem Drive. Es fehlt jedoch etwas an stilistisc­hem Raffinemen­t und Intonation­ssicherhei­t.

Wie gewohnt jung, frisch und unverbrauc­ht wirken die Stimmen des Ensembles: Viktorija Bakan ist eine expressive Antigone, die ihre diffizilst­en Kolorature­n fast immer perfekt singt. Jake Arditti ist ein Ermone mit klarem Counterten­or und jugendlich­er Spannkraft. Natalia Kawalek singt die Ismene ideal. Christoph Seidl ist ein sehr jugendlich­er Adrasto mit profundem Bass. Thomas David Birch spielt den Creonte etwas unsicher und singt ihn mit etwas ungeschlif­fenem aber höhensiche­ren Tenor.

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