Wie Mikrofinanz Menschen die Flucht ersparen kann
Faire Chancen. Oikocredit will als sozialer Investor die Lebensumstände der Menschen in ihren Heimatländern verbessern.
Der stv. Vorstandsvorsitzende von Oikocredit Austria Günter Lenhart ist davon überzeugt, dass Mikrofinanz Menschen in Entwicklungsländern Jobs und damit eine Lebensgrundlage ermöglichen kann. „Nur wer in seinem Land keine Chancen auf ein Leben in Würde sieht, ist anfällig für Schlepper, die paradiesische Zustände in Europa versprechen.“Oikocredit will als sozialer Investor die Lebensumstände Menschen der Menschen in ihren Heimatländern verbessern und damit faire Chancen eröffnen. „Mithilfe kleiner Anschubfinanzierungen von oft nur 100 Euro kann ein nachhaltiges Einkommen als Bauer, Handwerker oder Händler ermöglicht werden“, erklärt Lenhart im Exklusivinterview mit MEIN GELD. Wie kann Oikocredit Flüchlingen helfen? Günter Lenhart: Die direkte Konfrontation mit einem anschwellenden Flüchtlingsstrom macht es uns allen bewusst: es bedarf einer umfassenden und raschen Lösung der überbordenden Probleme. Die Hilfe kann aber nicht im Wegschauen vor den Folgen von Hungersnot oder Krieg sein. Und auch nicht in Angst- und Panikmache. Wir alle sind aufgerufen, uns für Lösungen in den betroffenen Gebieten einzusetzen. Und dies ist nicht allein eine Aufgabe der Politik, es ist auch eine Frage der Betroffenheit und Reaktion jedes Einzelnen hier in Europa. Mitglieder von Oikocredit Austria haben dies erkannt und helfen mit ihrem Förderbeitrag von 20 € pro Jahr, eine Entwicklungszusammenarbeit auf neuer und gleicher Augenhöhe mit den Betroffenen in den Armutsgebieten der Welt zu realisieren. Dabei setzen Sie auf Hilfe durch Selbsthilfe?
Mitarbeiter von Mikrofinanzpartnern aus den Ländern des Südens und Berater von Projektpartnern können dank dieser MitgliederUnterstützung nach Österreich eingeladen werden um ihnen zu erläutern wie die Finanzhilfe und gleichzeitige Beratungstätigkeit vor Ort zum Auf bau kleiner wirtschaftlicher Unternehmungen
vonstatten geht und welcher umfassenden Hilfe
es bedarf, um ein Startkapital auch erfolgreich zu nutzen. Wie kommunizieren Sie das (potenziellen) Mitgliedern?
5000 Mitglieder und Anleger in Österreich setzen statt auf Resignation auf aktive Unterstützung dieser neuen Form der Entwicklungshilfe und tragen mit ihren Mitgliedsbeiträgen und ihren Veranlagungen dazu bei, diese Mut machende Hilfe auch der Jugend in Bildungseinrichtungen zu vermitteln und sozial interessierten Menschen dies in Form von Vorträgen und „Workshops“näherzubringen.
Darüber hinaus ermöglichen Mitglieder von Oikocredit Austria auch die praktische Ausbildung von Experten aus diesen Ländern in Österreich und den Erfahrungsaustausch mit ihnen, um zu wissen, was wirklich der jeweilige konkrete Bedarf in den verschiedenen Ländern ist und welche Form der Beratung und Begleitung man sich wünscht und erhofft, um die Hilfe zur Selbsthilfe erfolgreich und nachhaltig werden zu lassen. Haben Sie ein Beispiel für MEIN GELD-Leser?
Problemorientierte Ausbildungshilfe und gleichzeitig Erfahrungsaustausches bot das gemeinsam mit der Oberösterreichischen Landesregierung durchgeführte Bildungsprojekt mit 8 Beratern aus vier afrikanischen Ländern
das Anfang 2015 durchgeführt wurde. In einem achtwöchigen Aufenthalt in Schlierbach konnten Themen wie „business-plan“-Projektideen für Pflanzenbau und Tierzucht in der Theorie aber auch ganz konkret bei Besuchen und Mitarbeit in Landwirtschaftsbetrieben und Zulieferfirmen behandelt und zahlreiche Geschäftsideen erarbeitet werden.
Und die österreichischen Projektbegleiter konnten ein tiefes und praxisnahes Verständnis der realen Problematik dieser vier afrikanischen Länder erlangen – ein wichtiger Erfahrungsschatz für die weitere Entwicklungszusammenarbeit, die „nicht an den wirklichen Problemstellungen vorbeigeht“. Die Botschaft von Oikocredit in einem Satz?
„Geld allein ist nicht genug“. Hilfe, die Menschen selbstständiges Wirtschaften und eine Nutzung ihrer Fähigkeiten ermöglichen soll, kann nicht allein durch Geld erfolgen. Es bedarf genauer Kenntnis der lokalen Situation durch Menschen vor Ort, die beratend zur Seite stehen und die die lokalen Hürden und Schwierigkeiten kennen und mithelfen, diese zu überwinden.