„Fundamentalismus mag Bildung nicht“
Vöcklabruck/Wien. Mit einem großen Abschlussevent wurde am Freitag das Jahr der Bildung 2015 der evangelischen Kirchen offiziell beendet. Den Festvortrag hielt die Botschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland für das Reformationsjubiläum 2017, Margot Käßmann. Die frühere Bischöfin ging auf den Zusammenhang von Reformation und Bildung ein. „Vielleicht ist es einer der wichtigsten Beiträge der Reformation, dass es ihr um gebildeten Glauben geht, einen Glauben, der verstehen will, nachfragen darf, auch was das Buch des christlichen Glaubens betrifft, die Bibel.“
Martin Luther, aber auch den anderen Reformatoren wie etwa Martin Bucer, Philipp Melanchthon, Ulrich Zwingli oder Johannes Calvin sei Bildung ein zentrales Anliegen gewesen. So wollte Luther etwa Bildung zum Programm machen. „Die Voraussetzung für einen mündigen Glauben war für Luther, dass jede und jeder selbst die Bibel lesen konnte.“Ein kritisches Verhältnis zur eigenen Religion sei angesichts des aufkeimenden Fundamentalismus hochrelevant.“Denken, Reflektieren, Nachdenken, Verstehen und Fragendürfen blieben noch wie vor wichtige reformatorische Anliegen. „Fundamentalismus – ob jüdischer, christlicher, islamischer oder hinduistischer Prägung – mag Bildung und Auf klärung nicht“, sagte Käßmann. Jedweder Ausprägung von Fundamentalismus stelle sich eine Kernbotschaft der Reformation entgegen: „Selbst denken! Frei bist du schon durch die Lebenszusage Gottes. Im Gewissen bist du niemandem untertan und unabhängig von Dogmatik, religiösen Vorgaben, Glaubensinstanzen.“
Trennung Kirche/Staat
Bei ihrem Vortrag Samstagabend in Vöcklabruck bekräftigte Käßmann die Notwendigkeit der Trennung von Kirche und Staat. Sie sieht die freie Gesellschaft bereits in Luthers Schrift Von der Freiheit des Christenmenschen angelegt.