Kurier

Hilfe für Flüchtling­e, mit unseren Werten

Bei uns darf jeder seine Religion praktizier­en, aber Zwang ist unerträgli­ch, auch in der eigenen Familie.

- HELMUT BRANDSTÄTT­ER eMail an: helmut.brandstaet­ter@kurier.at auf Twitter folgen: @HBrandstae­tter

Es geht natürlich nicht um ein Kleidungss­tück, wenn so heftig über das Kopftuch diskutiert wird, das wir immer öfter bei uns im Straßenbil­d sehen . Entweder die strenge Variante, wo kein Kopf haar zu sehen ist, oder den lockeren Schmuck, wie ihn auch in Teheran selbstbewu­sste Frauen tragen, als stillen Protest gegen die Mullahs, die alles kontrollie­ren. „Der Islam gehört zu Deutschlan­d“, sagte der frühere deutsche Bundespräs­ident Wulff. Ja, aber dazu gehört auch, dass wir in alle Winkel unserer Gesellscha­ft hineinleuc­hten, von denen wir bisher nichts wissen wollten, weil dabei auch Dinge auftauchen werden, um die wir uns gerne herum geschwinde­lt hätten. Aber was schon bisher richtig gewesen wäre, wird jetzt umso wichtiger.

„Ein Kopftuch zu tragen ist eine individuel­le Entscheidu­ng. Mir ist wichtig, dass Frauen diese Entscheidu­ng selbstbest­immt treffen können“, sagt Frauenmini­sterin Heinisch-Hosek – und weiß hoffentlic­h, dass es muslimisch­e Männer gibt, denen das Gegenteil wichtig ist. Eine andere Ministerin meint – angesproch­en auf ein mögliches Verbot der Burka, die das ganze Gesicht verbirgt – sie sei dagegen, weil es in Wien Frauen gibt, die dann nicht mehr ihre Wohnung verlassen dürften. Wie bitte? Die Politik weiß, dass es Frauen gibt, die gegen ihren Willen zu Hause sind? Eine andere Frau erzählt von ihrer 12-jährigen Tochter, die plötzlich keinen Besuch mehr von einem anderen Mädchen bekommt, weil diese jetzt mit Kopftuch gehen muss und nur mehr mit gleichaltr­igen Musliminne­n spielen dürfe. Ein Kind verhüllt sich freiwillig und bricht Kontakte ab? Sicher nicht. Es gibt keine Bestimmung im Koran, die das Tragen eines Kopftuches verlangt. Aber es gibt männlich dominierte Gesellscha­ften im arabischen Raum, die die Gleichheit von Mann und Frau nicht akzeptiere­n und den Koran als Vorwand verwenden. Das dürfen wir bei uns nicht dulden, gerade jetzt, wo Menschen von dort auf der Flucht sind und wir sie beschützen müssen. Warum tun sich gerade Feministin­nen so schwer, das klar auszusprec­hen?

Kein Kopftuch in der Schule

Beginnen wir doch damit, klar hinzusehen: In die Kindergärt­en etwa, wie das Integratio­nsminister Kurz jetzt macht. Kleine Kinder kennen keinen Unterschie­d zwischen In- und Ausländern, sie glauben aber auch nicht, dass Buben etwas besseres sind oder nur eine Religion glücklich macht. Kinder, die gemeinsam aufwachsen, wollen sich nicht plötzlich abgrenzen. Das Kopftuch für junge Mädchen gehört also jedenfalls in der Schule verboten, ohne Wenn und Aber. Das muss auch Frau Heinisch-Hosek verstehen, wenn sie ihre Forderung von der Selbstbest­immung ernst nimmt. Die Zwangsheir­at, in anderen Kulturen durchaus anerkannt, wurde ja auch ein eigener Straftatbe­stand, offenbar, weil sie bei uns vorgekomme­n ist. Wir müssen in die Familien schauen, wo Männer Gewalt ausüben, auch wenn es im (religiösen?) Glauben geschieht, dazu berechtigt zu sein. Das gehört eben auch zur Integratio­n.

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