Geschichte und G’schicht’ln Wirtschaftsentwicklung.
Ehemalige und aktive Top-Manager erklären Hintergründe und erzählen Anekdoten
Der damalige Steyr-KonzernChef Rudolf Streicher fiel Anfang 1998 aus allen Wolken: Der neue Steyr-Aufsichtsratspräsident, CA-Chef Erich Hampel, teilte ihm mit, dass Steyr an den Magna-Konzern verkauft werde. Als Streicher fragte, wann und mit welchen Vorgaben er über Preis und Bedingungen verhandeln solle, antwortete Hampel: „Rudolf, das ist schon verhandelt.“
Ähnlich erging es Altkanzler Franz Vranitzky laut eigener Erzählung. Der damalige CA-Vorstand erfuhr am Weltspartag-Empfang 1980 von FPÖ-Chef Friedrich Peter so nebenbei, dass er 1981 von der CA an die Spitze der ebenfalls mehrheitlich staatlichen Länderbank übersiedeln werde. Das hätten SPÖ und Regierung bereits abgesegnet.
Verstaatlichte
Solche überraschenden und weitgehend unbekannten Details ziehen sich durch das gesamte Buch „Auf der Über- holspur“, herausgegeben vom ehemaligen Länderbank-Vorstand und heutigen Unternehmer Herbert Cordt. Cordt und der Journalist Gerd Millmann interviewten 41 ehemalige und aktive TopManager, Unternehmer und Ex-Politiker zur Entwicklung der heimischen Industrie und Wirtschaft seit 1955. Relativ breiten Raum nimmt die „alte“verstaatlichte Industrie ein, die nach dem MilliardenDebakel bei der Voest und der Chemie Linz Mitte der 1980er-Jahre umstrukturiert und privatisiert wurde.
Beschrieben wird auch, wie der Unternehmer Hell- mut Longin von den amerikanischen Eigentümern die Feuerfest-Gruppe Radex kaufte, mit der Veitscher Magnesit fusionierte, und wie durch Zukäufe der Feuerfest-Konzern RHI daraus wurde.
Beleuchtet wird auch, wie und warum ganze Branchen – etwa die Tabak- oder die Textilindustrie – aus Österreich verschwanden. Und wie die Chancen in Osteuropa zum Verlustbringer für Industrie und Banken wurde.
Auch Zukunftsthemen behandelt das Buch, vor allem die Veränderungen in der industriellen Produktion, aber auch der gesamten Arbeitswelt durch die zunehmende Digitalisierung der Fertigung.