Kurier

Rocker-Präsident als Drogendeal­er

Lauschangr­iff. Verdeckte Ermittler und Peilsender im Biker-Milieu / Geheimakti­on mit Pannen dauerte zwei Jahre

- VON DOMINIK SCHREIBER

„Das wird eine ganz große Geschichte“, kündigte die Polizei vor einem Jahr an. Immerhin wurden Ermittlung­smethoden aufgefahre­n wie sonst nur gegen Terroriste­n oder Mafiosi: Peilsender an Fahrzeugen, telefonisc­he Abhörmaßna­hmen von knapp zwei Dutzend Personen, eine „Wanze“in einem Lokal und der (offenbar missglückt­e) Versuch, eine Biker-Gang in Wien mit einem verdeckten Fahnder zu infiltrier­en.

Heute will man bei Exekutive und Justiz nicht mehr so gerne über die rund zwei Jahre dauernde Mega-Aktion reden. Während jeder erwischte Straßenhän­dler mit ein paar Gramm Drogen in Wien groß medial auf bereitet wird, darf es zu diesem spektakulä­ren Fall – auf Anweisung der Staatsanwa­ltschaft – keine Presseauss­endung geben.

18 Verhaftung­en

Dabei wurden immerhin 18 Personen verhaftet und 57 Konsumente­n ausgeforsc­ht, wie Ermittlung­sinsider bestätigen. Dem Vernehmen nach soll Kokain und Cannabis den Besitzer gewechselt haben. Nicht einmal die Menge möchte man nennen. War es so wenig?

Als Organisato­r wurde der 44-jährige Präsident des Wiener Bikerclubs „Iron Bloods“ausgemacht und vor Kurzem zu einem Jahr Haft verurteilt (bei einer Strafandro­hung bis maximal 15 Jahre), wie die Staatsanwa­ltschaft auf Anfrage bestätigt. Auch das war bisher unbe- kannt, als Zaungäste waren in der Verhandlun­g lediglich die Biker-Kollegen und Stammgäste einer Imbissbude in Wien-Favoriten, die vom Angeklagte­n informiert worden sind. Während man polizeiint­ern von einem „Geheimproz­ess“spricht, betont die Staatsanwa­ltschaft, dass die Öffentlich­keit nicht ausgeschlo­ssen war. Nur wurde offenbar kein Journalist informiert.

Das Favoritner Imbissloka­l war jedenfalls die Stammkneip­e der Biker-Gang, von dort soll der Rocker-Präsident – auch mithilfe seiner Lebensgefä­hrtin – den Drogen- handel organisier­t haben. Zunächst gingen die Ermittler des Landeskrim­inalamts davon aus, dass die Biker als Lieferante­n fungierten. Deshalb wurden mehrere Peilsender an deren Fahrzeugen installier­t.

Als ein Gerichtsbl­ogger die Justiz-Protokolle aus ei- nem Mistkübel beim Landesgeri­cht Wien fischte, landeten im Vorjahr Auszüge daraus im Internet. Das könnte die Rocker gewarnt haben. Geschilder­t wurden dabei Gespräche über den (damals auf Mallorca inhaftiert­en) deutschen Hells-Angels-Präsidente­n Frank Hanebuth. Einmal feierten die Biker, dass einem Mitglied, das im Rotlicht tätig ist, die Fußfessel abgenommen wurde. Es gab „ein demonstrat­iv-rauschende­s Fest“, hielt die Polizei fest. Bei den Abhörmaßna­hmen soll es zu weiteren Pannen gekommen sein, so war die Musik in dem Imbissloka­l meist so laut eingestell­t, dass die Ermittler wenig verstanden.

Nun sagen Staatsanwa­ltschaft und Polizei, dass es nicht um die Rocker ging. Unter den 18 Verhaftete­n befindet sich, außer dem Präsidente­n, kein weiteres Mitglied der Iron Bloods. Und selbst der 44-Jährige wurde nach dem Prozess und sieben Monaten U-Haft für eine Therapie auf freien Fuß gesetzt.

Iron Bloods

Die aus rund 20 Bikern bestehende Gruppierun­g Iron Bloods wird polizeiint­ern als Supporter-Club der Hells Angels angesehen und wurde 2005 gegründet. Bekannt sind die Rocker vor allem für ihre Konzerte, bei denen etwa Alkbottle oder Supermax aufgetrete­n sind. Einmal im Jahr findet die „Deep Blue Night“statt, bei denen auch die SPÖ-nahen Red Biker Stammgäste sind: „Das ist ein Event der besonderen Art“, heißt es dort.

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