Frankreich: Rückenwind für Nationalisten
Bei den Regionalwahlen konnte der rechte Front National starke Zuwächse erzielen
Der „Front National“konnte am Sonntag im ersten Durchgang der landesweiten französischen Regionalwahlen – drei Wochen nach den Terroranschlägen von Paris – den erwarteten Durchbruch feiern. Er ging im Landesschnitt mit fast 30 Prozent in Führung. In sechs von insgesamt 13 Großregionen gelangte die Nationalistenpartei auf Platz eins – mit einem Abstand von fünf bis fünfzehn Prozent gegenüber den meistens zweitgereihten bürgerlichen „Republikanern“.
In mindestens zwei dieser Regionen ist die Erlangung der Mandatsmehrheit, die für die Bildung einer Regionalregierung erforderlich ist, im abschließenden zweiten Wahlgang, nächsten Sonntag, für den FN in den Bereich des Möglichen gerückt.
In der Region Norden, einer vormaligen Bastion der Sozialisten, wo die FN-Vorsitzende Marine Le Pen kandidierte, gelangten die Nationalisten auf über 40 Prozent. Die „Republikaner“mussten sich mit 25 Prozent begnügen, die SP kam nur mehr auf 18 Prozent. Rund zehn Prozent entfielen auf linke Kleinparteien.
In der südöstlichen „Provence/Alpes/Cote d“Azur“, wo die Nichte von Marine Le Pen, Marion Marechal-Le Pen kandidierte, kam der FN auf über 41 Prozent. Die „Republikaner“hielten bei 26 und die SP bei 16 Prozent. Weitere elf Prozent entfielen auf linke Kleinparteien.
Weiters in Führung ging der FN in der nord-ostfranzösischen Region „Champagne/Ardennen/Lothringen/Elsass“mit 35 Prozent, in der „Bourgogne/FrancheCompté“mit 32 Prozent, in der Südregion „Midi/Pyrenees/Languedoc-Rousillon“mit 31 Prozent und in der mittelfranzösischen Re- gion „Centre/Val de Loire“mit 30,5 Prozent. Im Landesschnitt lag der FN bei fast 30 Prozent, die „Republikaner“mussten sich mit 26 Prozent begnügen. Die Sozialisten, die vor der Regionalreform in 21 von 22 (kleineren) Regionen über die Mehrheit verfügten, können diesmal nur mehr auf höchstens drei Regionalregierungen hoffen. Die SP kam im Landesschnitt auf rund 24, weitere linke Kleinparteien auf 11 und eine konservative Anti-EU-Partei auf vier Prozent. Die Wahlenthaltung betrug 49,5 Prozent.
Noch am Wahlabend entbrannten eine heftige Debatte über die Haltung der übrigen Parteien im zweiten Wahlgang angesichts des Vormarschs des FN. Im zweiten Wahlgang genügt eine relative Stimmenmehrheit für die Erlangung der absoluten Mandatsmehrheit, Listen können aber fusionieren.
Der Spitzenkandidat der geschlagenen SP im Norden rief zu einem Bündnis zwischen SP und „Republikanern“auf: „Niemand kann heute noch glauben, er könne allein gegen den Extremismus gewinnen„. Doch der Spitzenkandidat der „Republikaner“schlug diesen Vorschlag sofort aus und erklärte, seine Partei wäre die „einzige Alternative zum Rechtsextremismus“.
Schon zuvor hatte der Chef der Republikaner, Nicolas Sarkozy, derartige Not-Fusionen ausgeschlossen: „Man kann nicht vor dem ersten Wahlgang sagen, dass man mit der Regierungspolitik der Linken nicht einverstanden ist, und dann für den zweiten Wahlgang mit der Linken eine Heirat feiern“.
Auch in den Reihen der SP stoßen diese Vorschläge auf Unbehagen: Mit den Bürgerlichen fusionieren würde gewissermaßen die Behauptung von Marine Le Pen bestätigen, wonach sich Sozialisten und Republikaner nicht wirklich unterscheiden und ein gemeinsames „Machtsystem“repräsentierten.