Terrorangst im Heiligen Jahr
Rom/Vatikan. Enorme Sicherheitsvorkehrungen beim „Jubiläumsjahr der Barmherzigkeit“
Die Römer staunten nicht schlecht, als die Kuppel des Petersdomes vergangene Woche eines Abends für mehrere Stunden in der Dunkelheit verschwand. Gewöhnlich ist die hell erleuchtete „Cupola“als Fixpunkt in der Stadt zu sehen. Grund für die Abschaltung waren technische Vorbereitungen für ein Lichtspektakel anlässlich der Eröffnung des Jubiläumsjahrs, das heute, Dienstag, beginnt.
Papst Franziskus hat außerplanmäßig ein „Jubiläumsjahr der Barmherzigkeit“ausgerufen. Bis zu 30 Millionen Pilger und Touristen werden im kommenden Jahr in Rom erwartet. Der große Ansturm kündigte sich bisher jedoch nicht an – sehr zur Enttäuschung der Hoteliers. Laut dem Reiseportal Trivago haben 17 Prozent der Hotels noch Zimmer frei. Die Angebote sind zudem günstiger als normalerweise in dieser Jahreszeit.
Alarmstufe rot
Nach den Anschlägen von Paris und zahlreichen Terrorwarnungen herrscht in der ganzen Stadt Alarmstufe rot. „Das Jubiläumsjahr ist ein sensibles Ziel“, warnte Staatssekretär Marco Minniti. Die italienische Regierung sponsert das „giubileo“mit 200 Millionen Euro. Präfekt Franco Gabrielli appellierte an die Pilger, so wenig Gepäck wie möglich auf den Petersplatz mitzunehmen: „Dann gehen die Kontrollen schneller, es gibt kürzere Wartezeiten und mehr Sicherheit.“
Ein Großaufgebot an Polizisten, Soldaten und Sicherheitskräften bewacht die Gegend rund um den Vatikan. Die breite Zufahrtstraße zum Petersplatz, die Via della Conciliazione, ist großräumig abgesperrt. Souvenirhändler und Kioske mussten trotz Protesten ihre Plätze räumen. Zusätzlich werden hundert ehrenamtliche Helfer während des Jubiläumsjahres täglich im Einsatz sein. Bei besonderen Anlässen sollen es sogar über tausend werden, berichtete Organisator Bischof Rino Fisichella.
2000 Soldaten
Militärs bewachen auch die großen römischen Basiliken Santa Maria Maggiore, San Giovanni in Laterano sowie Sankt Paul vor den Mauern – allesamt Besuchermagneten auf den Pilgerrouten. 2000 Soldaten und Sicherheitskräfte sind täglich im Einsatz. Insgesamt werden 150 Stellen in der Drei-Millionen-Einwohner-Stadt als „besonders sensibel“eingestuft: Die Wohnung des Papstes im vatikanischen Gästehaus Santa Marta, der benachbarte Stadtteil Prati und die angrenzende Piazza Risorgimento. Die Orte gleichen mit dem massiven Militäraufgebot einer Festung. Auto- und Mopedfahrer werden an Polizeisperren verstärkt kontrolliert.
Am Bahnhof Termini und dem Kolosseum sind Patrouillen mit Polizeihunden im Einsatz. Vor den Eingängen zu den Kaiserforen, dem weltberühmten archäologischen Gelände, wurden ebenfalls Metalldetektoren errichtet. Auch die Verkehrsbetriebe rüsteten sich sicherheitsmäßig für das Heilige Jahr. An den Haltestellen wurden 3000 Überwachungskameras installiert.
Der Eröffnungstag des „Jubiläumsjahr der Barmherzigkeit“am 8. Dezember fällt genau auf den 50. Jahrestag des Endes des Zweiten Vatikanischen Konzils. Aus feierlichem Anlass wird Papst Franziskus die zugemauerte Heilige Pforte im Petersdom öffnen, ein Symbolbild für das Tor zum Paradies.
Das Jubiläumsjahr wird von der katholischen Kirche traditionsgemäß seit 1475 alle 25 Jahre begangen. Heilige Jahre dienen der inneren Erneuerung der Gläubigen, die in dieser Zeit durch Gebet und Buße einen Ablass ihrer Sündenstrafen erreichen können. Dazu gehört auch die Pilgerfahrt nach Rom mit dem Durchschreiten der Heiligen Pforte.