Die Wirte sind „ang’speist“und „Es ist schwer, gute Leute zu finden – ohne Ausländer geht nichts“
Reformwut. Bei keiner anderen Berufsgruppe konzentrieren sich Reformen derzeit so wie in der Gastronomie: Registrierkasse, Tabakgesetz, Barrierefreiheit, Allergenverordnung, höhere Immobilienund Mehrwertsteuer.
Hauben-Lokal. Jakob Muhr führt in dritter Generation das Landgasthof und Hotel Muhr im niederösterreichischen Gallbrunn. Es hat zwei Hauben. Das sagt er zum KURIER:
„Ich hätte jetzt noch ein weiteres Lokal mit 500 Sitzplätzen übernehmen können, aber ich will mir die Suche nach qualifizierten Leuten einfach nicht mehr antun. Gerade habe ich ein Dreivierteljahr nach einem Kochlehrling gesucht. Es ist wirklich schwer, gute Leute zu finden – ohne Ausländer geht gar nichts. Dabei liegt unser Gasthaus nur 15 Kilometer von der Tourismusschule Neusiedl entfernt. Wir haben zwar viele Anfragen für ein Praktikum, aber im Job bleiben will kaum jemand. Ich glaube, es liegt an den Arbeitszeiten. Am Geld kann es nicht liegen. Ich kenne Leute mit Bachelor-Abschluss, die weit weniger verdienen. Ein Spitzenkellner kommt auf mindestens 1500 Euro netto im Monat. Der Job verlangt Eigeninitiative, das bringen die Wenigsten mit. Wir arbeiten viel mit Ungarn zusammen. Sie haben eine andere Einstellung zur Arbeit. Wäre nicht unsere ganze Familie im Einsatz für unser Gasthaus, hätte ich es längst in eine Frühstückspension umgewandelt. “ In der Adventzeit einen freien Tisch im Gasthaus zu ergattern, ist schon fast Glückssache. Allerorten finden Weihnachtsfeiern und (noch immer) Ganslessen statt. Viele Wirte sind dennoch stinksauer. Das neue Jahr ist für sie sozusagen eine „schöne Bescherung“: Es kommt mit einer Flut neuer Gesetze – von absoluter Rauchfreiheit in Restaurants bis hin zu höherer Mehrwertsteuer für die Hotelbetreiber.
Größter Aufreger der vergangenen Wochen war aber die Registrierkasse. Selbst jene, die sie längst haben, sind davon irritiert. „Absurderweise kann uns steuerlich niemand genau sagen, was Sache ist – also in welche Steuerkategorie zum Beispiel das Frühstück und in welche die Nächtigung fällt“, sagt GasthofBetreiber Jakob Muhr
Kleinere Betriebe wiederum fürchten, mit der Vollaufzeichnung nun endgültig den Todesstoß zu bekommen. Möglicherweise konnten einige von ihnen nur überleben, weil ein bisserl was schwarz ging. (Allerdings wunderte man sich auch als Kunde gut gebuchter City-Lokale öfters über kreative Schein-Rechnungen.) Etliche betreiben das Lokal nur im Nebenerwerb.
Außerdem fürchtet sich die Branche vor neuer Bürokratie – und das in einer Zeit, in der wahrlich niemand über einen Mangel an administrativen Auflagen klagen kann. Speziell dort, wo es um Lebensmittel geht.
„Malträtiert von Kontrollorganen“
„Die Korruptionsjäger der Finanz schießen gerade bei Wirten oft gewaltig übers Ziel“, meint Steuerberater Gottfried Schellmann. Von Lohnsteuer über Sozialversicherung bis zu den Arbeitszeit-Aufzeichnungen: Alles wird akribisch geprüft – gern auch, wenn in der Gastwirtschaft gerade Hochbetrieb herrscht. Schellmann ist nicht um markige Worte verlegen: „Erdrückt von überzogenen Vorschriften, malträtiert von erbarmungslosen Prüf- und Kontrollorganen, gleichzeitig konkurrenziert von vorschriftsfreien Festerln werden viele aufgeben.“
Konkurrenz durch Punschhütten
Die Konkurrenz der Zeltfeste, Punschhütten und als Demos getarnten Veranstaltungen liegt vielen Wirten ja ebenfalls schwer im Magen. „Wieso sind Vereine jeglicher Art besser gestellt als Gastronomiebetriebe, obwohl sie keine bis kaum Steuern zahlen – im Gegensatz zu mir als Unternehmer, der zum Wohle des Staates beiträgt?“, fragt sich Helmut Preiser vom Landgasthaus Preiser im Waldviertler Ort Großreinprechts grimmig.
Und die seit einem Jahr geltende Allergenverordnung lässt ihn überhaupt zum WutWirt werden. Seinen Gästen teilt er dazu Folgendes mit: „Sollten Ihnen Allergien oder Unverträglichkeiten bei der Konsumierung von Speisen bekannt sein, so ersuchen wir Sie, uns