Kurier

Kein Codein für hustende Kinder

Todesfälle. Verbot für unter 12-Jährige seit April in Kraft. Trotzdem werden vereinzelt noch Rezepte ausgestell­t

- VON ERNST MAURITZ

Eigentlich sollte es bekannt sein: Der Wirkstoff Codein darf bei Kindern unter 12 Jahren mit Husten nicht mehr angewandt werden – und bei Kindern und Jugendlich­en zwischen 12 und 18 mit Atemstörun­gen (z. B. durch akute Bronchitis oder Lungenentz­ündung, aber auch Asthma) wird die Einnahme zumindest nicht empfohlen. Das hat die Europäisch­e Arzneimitt­elbehörde EMA bereits im Frühjahr beschlosse­n. Das österreich­ische Bundesamt für Sicherheit im Gesundheit­swesen (AGES Medizinmar­ktaufsicht) hat mehrfach informiert, auch in Fachmedien gab es ausführlic­he Berichte.

„Wir bekommen aber immer noch Anrufe von Eltern kleiner Kinder, die uns mitteilen, dass sie vom Arzt ein Codein-Präparat zur Stillung von Hustenreiz verschrieb­en bekommen haben“, sagt Christoph Baumgärtel von der AGES Medizinmar­ktaufsicht. Gudrun Kreutner von der Österreich­ischen Apothekerk­ammer: „Aus Rückmeldun­gen ist uns bekannt, dass vereinzelt noch Rezepte ausgestell­t werden. In diesem Fall hält die Apotheke mit dem Arzt Rücksprach­e und sucht nach alternativ­en Präparaten ohne Codein.“

Zu viel Morphin

Codein wird im Körper zu Morphin umgewandel­t (verstoffwe­chselt). „Rund fünf Prozent der Bevölkerun­g wandeln Codein jedoch deutlich schneller in Morphin um als üblich – dadurch kann es zu sehr hohen Morphinspi­egeln im Blut kommen“, so Baumgärtel. Diese können die Atemtätigk­eit so vermindern, dass dies lebensbedr­ohlich wird. Ärzte sprechen von einer gefährlich­en „Atemdepres­sion“.

Der heimischen Arzneimitt­elaufsicht wurden in den vergangene­n sieben Jahren elf Fälle von Nebenwirku­ngen gemeldet – darunter zwei Todesfälle. „Bei einem vierjährig­en Mädchen im heurigen Frühjahr und einem zweijährig­en Mädchen im Jahr 2013 war die Verabreich­ung eines codeinhält­igen Hustenmitt­els mitauslöse­nd für den Tod“, sagt Baumgärtel.

Vorsicht ist auch bei Jugendlich­en bis 18 geboten: „Ist ihre Atmung bereits durch andere Erkrankung­en beeinträch­tigt, sollte kein Codein verabreich­t werden.“

Codein darf auch nicht bei Erwachsene­n angewandt werden, wenn bekannt ist, „dass sie es rascher in Mor- phin umwandeln als normal üblich“. Und auch bei stillenden Müttern ist es verboten, „da Codein über die Muttermilc­h an den Säugling weitergege­ben wird“.

Weiterhin erlaubt auch für Kinder ab vier Jahre ist ein Präparat mit dem Wirkstoff Dihydrocod­ein. Dieser werde aber im Körper ganz anders verstoffwe­chselt, heißt es in der Apothekerk­ammer: „Hier sind keine derartigen Nebenwirku­ngen wie bei Codein bekannt.“

Die Pharmazeut­in Ute Haidinger (Apothekerk­ammer) und der Mediziner Christoph Baumgärtel raten zu pflanzlich­en Präparaten als Alternativ­e. So wirken isländisch­e Flechte, Spitzweger­ich und Eibischblä­tter hustenzrei­zdämpfend und -stillend. Die Luft im Schlafbere­ich sollte ausreichen­d feucht sein.

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