Schau mir in die Augen, Kleines
Kinderträume. Kontakt zu Menschen ist für die fünfjährige Autistin Lena schwierig – mit Earl tut sie sich leichter
Lena hat Schwierigkeiten, Freunde zu finden. Sie sieht anderen nicht gerne in die Augen. Bei Earl ist es anders. Er stellt keine Fragen, hat Geduld mit ihr. Mit ihm spielt sie gerne – als Hund hat er weniger Gesichtszüge als ein Mensch. Da tut sie sich leichter.
„Ja, unsere Lena ist wohl mit Dustin Hoffman im Film Rainman vergleichbar“, sagt Christoph Huber über seine fünfjährige Tochter. Lena ist wie viele Autisten schlau und doch lebt sie in ihrer eigenen Welt, spricht von sich oft in der dritten Person.
„Die Sätze, die sie sagt, spricht sie auswendig nach. Sie hat einen guten Wortschatz, aber kein Sprachverständnis“, erklärt ihre Mutter Katrin. Wenn Lena fragt: „Darf ich bitte ein Glas Orangensaft haben?“, kann sie das Wort Orangensaft nicht durch „Wasser“oder „Milch“ersetzen. „Man merkt erst an ihrer Reaktion, dass sie etwas anderes haben wollte.“
Dass Lena anders ist, fiel der Familie auf, als sie zwei Jahre alt war. „Es war kein gemeinsames Spielen möglich. Sie hat stundenlang Sachen aufgereiht, Steine nach Größe und Farbe sortiert. Wir sind nicht zu ihr durchgedrungen.“
Erst eine Logopädin in Linz konnte der Familie aus Sattledt dabei helfen, sich besser zu verständigen. „Wir haben gelernt, wie wir mit ihr Blickkontakt aufnehmen, mit ihr umgehen und ihre Sprache sprechen können.“
Spuren legen
Bei manchen Eigenheiten rätselt die Familie allerdings noch immer. Etwa, wenn sich Lena nachts heimlich aus ihrem Zimmer stiehlt und Dinge in der Wohnung ver- stellt. „Sie hat schon Salz, Kakao oder Reis auf dem Boden ausgeleert und damit Spuren durch die Wohnung gelegt. Das sind dann schöne Überraschungen in der Früh“, erzählt ihre Mutter. „Wir können sie nachts aber nicht im Zimmer einsperren, weil sie ja manchmal auch einfach nur aufs Klo geht.“
Seit Earl da ist, haben Lenas nächtliche Aktionen abgenommen. Earl ist ein Assistenzhund in Ausbildung und ein Alleskönner. Der Sheltie kann Jacken ausziehen, den Lift rufen, Schub- laden auf- und zumachen, Lichtschalter betätigen und klaubt alles auf, was auf den Boden fällt. Was am wichtigsten ist: Er beruhigt Lena.
„Sie hat immer wieder Nachtschreckattacken – da brauchen wir normalerweise zwei bis drei Stunden, um sie zu beruhigen. Seit Earl an ihrer Seite ist, schläft sie sofort wieder ein.“Wenn Lena nachts die Wohnung umräumen will, steht der Hund mit ihr auf und sie beginnt, sich mit ihm zu unterhalten – „dann wachen wir auch auf und bringen sie wieder ins Bett“.
Ohne Unterstützung hätte Earl wohl nie den Weg zu Familie Huber gefunden. Die Überlegung, sich einen Hund zuzulegen, gab es schon länger. Doch mit zwei autistischen Kindern (auch Lenas Bruder Julian hat eine leichte Form von Autismus) ist die Wahl eines passenden Tieres nicht so einfach. „Dann sind wir auf die Hundetrainerin Christa Reisenbichler und ihre Therapiehunde gestoßen“, erzählt Christoph Huber.
Herzenswunsch
Neben der Zucht ist die spezielle Ausbildung der Hunde auf die besonderen Bedürfnisse der Familie sehr kostspielig – die rund 15.000 Euro könnte Familie Huber ohne finanzielle Hilfe nie auf bringen. Sie wandte sich an die „Stiftung Kindertraum“, die
Stiftung Kindertraum
www.kindertraum.at
Spendenkonto nun schon seit 17 Jahren Herzenswünsche erfüllt. Damit die Kosten für Earl gedeckt werden können, ist aber auch die Unterstützung der KURIER-Leser gefragt
„Es ist nicht bei allen autistischen Menschen so, dass ein Tier für sie wichtig ist und ihnen guttut“, erklärt die Hundetrainerin Christa Reisenbichler. „Aber wenn sie gut miteinander können, ist ein Assistenzhund eine große Bereicherung für die gesamte Familie.“
Dann passt es auch, wenn sich Lena bei ihren nächtlichen Aktivitäten immer öfter mit Earl verbündet. Immerhin sind die beiden ja jetzt Freunde.