„Rosenkavalier“: Wenn nicht nur die Marschallin den Unterschied ausmacht
Kritik. Manchmal gibt es sie doch, die sogenannten Sternstunden im sonst mitunter auch biederen RepertoireAlltag. Vor allem dann, wenn Sänger am Werk sind, die zu den ganz Großen ihres Fachs zählen, die quasi im Alleingang einen Abend ins Außerordentliche tragen können.
Bei der aktuellen Spielserie des „Rosenkavalier“von Richard Strauss (Reprisen: 11., 16., 19. Dezember) ist so eine Künstlerin im Einsatz: Anja Harteros als in jeder Hinsicht überragende Marschallin. Denn die deutsche Sopranistin singt und gestaltet diese Partie mit einer unfassbaren Intensität, glänzt mir herrlichen Legato-Bögen, feinsinnig gesetzten Höhen, zarten Lyrismen und einer fabelhaften Wortdeutlichkeit. Die Einheit von Text (bekanntlich immerhin von Hofmannsthal) und Musik erfüllt sich da auf fabelhafte Art und Weise. Eine bessere Interpretin dieser Rolle wird man aktuell kaum finden.
Echtes Ensemble
Doch Harteros ist glücklicherweise nicht allein auf weiter Flur, denn auch Stephanie Houtzeel lässt als Octavian kaum Wünsche offen. Die Mezzosopranistin spielt und singt diesen Octavian tadellos, harmoniert auch vokal mit Harteros sehr gut. Dazu kommt noch Chen Reiss als entzückende Sophie, die ihre nicht übermäßig große Stimme ideal einzusetzen weiß. Und der Baron Ochs auf Lerchenau? Der ist bei Wolfgang Bankl – als Einspringer für den erkrankten Peter Rose – in besten Händen. Bankl zeigt einen urwienerischen, herrlich komischen Ochs, der über unendlich viel Bühnenpräsenz und Witz verfügt. Als Herr von Faninal macht Jochen Schmeckenbecher als neureicher Emporkömmling eine sehr gute Figur; die kleineren Partien (u. a.: Zoryana Kushpler, Benedikt Kobel oder auch Caroline Wenborne) sind meist adäquat besetzt.
Bleiben Dirigent Adam Fischer und das bei Strauss eigentlich immer sehr philharmonische Orchester, die alle Klangfarben und Nuancen der schillernden Partitur genussvoll auskosten, den Sängern eine ideale Basis bieten und dennoch abseits reiner Walzerseligkeit zu einem eigenen, groß auftrumpfenden Mitspieler werden. Fast zu kurzer Jubel!