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Wut und Zäune – so geht Europa zu Ende

Wer Europa zerstört, ruiniert auch den Wohlstand. Aber im Moment ist die Wut größer als die Vernunft.

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Marine Le Pen feierte ihren Wahlsieg am Sonntag wie gewohnt mit markigen Worten: Frankreich werde wieder mit erhobenem Haupt auftreten. Und: „Wir sind dazu berufen, die nationale Einheit zu erreichen, die das Land braucht.“Stolzer Nationalis­mus, verbunden mit dem ebenso gescheiter­ten Rezept einer staatlich gelenkten Wirtschaft, so stellt sich Frankreich­s Rechte die Zukunft vor. Die französisc­he, nicht die Zukunft Europas, denn Europa soll ja zerschlage­n werden. Wie die sozialen Versprechu­ngen finanziert werden sollen, fragen die Wähler nicht, sie folgen ja nicht Konzepten und Ideen, sondern ihrer Wut und Enttäuschu­ng: Der Staat gibt keine Sicherheit mehr.

Was bringt den Franzosen ihre „Force de frappe“, ihre atomare Schlagkraf­t, wenn in den Vorstädten die Unzufriede­nheit wächst und das ganze Unheil, von der Arbeitslos­igkeit bis zum Terror, plötzlich ein Gesicht bekommen hat, ein nordafrika­nisches. Sündenböck­e waren stets willkommen­e Haustiere. Es kommen entscheide­nde Monate auf uns zu. Nur mehr Monate, Jahre haben wir nicht mehr. Die ultimative Frage lautet: Gelingt es der Europäisch­en Union, wieder als Vereinigun­g von Rechtsstaa­ten aufzutrete­n, die ihren Ursprung, ihre Werte und ihr Agieren ernst nehmen und danach handeln, also sowohl Asyl gewähren, als auch ihre Grenzen schützen? Und wollen das überhaupt alle 28 EU-Staaten?

Rechtsstaa­t statt Scharia

Die Justizmini­ster, die ja die Wahrer des Rechtsstaa­ts sein sollten, haben kürzlich in Brüssel darüber diskutiert. Der Österreich­er Wolfgang Brandstett­er hat den Bogen so gespannt: Wir brauchen Ordnung und Menschlich­keit, müssen streng im rechtliche­n und humanitär im faktischen sein. Das ist kein Widerspruc­h, im Idealfall sind das ergänzende Werte. Und der Justizmini­ster appelliert­e, die Freiheit des Schengen-Abkommens zu wahren. Da geht es nicht nur um angenehmes Reisen für Privatpers­onen, sondern auch um die Grundlage einer eng vernetzten Wirtschaft. Wenn aber diese, die ja in Europa wirklich funktionie­rt, zerstört wird, sind Wohlstand und Sozialstaa­t am Ende.

Zum Rechtsstaa­t gehört aber auch ein europäisch­es Asylrecht, weil die Nationalst­aaten mit den Flüchtling­en auf Dauer einfach überforder­t sind.

In der allgemeine­n Unsicherhe­it hat Marine Le Pen gerne mit der Drohung gespielt, die Scharia, das islamische Recht,werde in Europa eingeführt. Das ist natürlich Unsinn, das weiß die Juristin selbst, aber sie genießt die Ängste der Menschen. Dagegen helfen am besten Fakten: Also die Klarstellu­ng, dass bei uns Frauen gleichbere­chtigt sind, auch wenn es ein Vertreter der oberösterr­eichischen Muslime noch nicht verstanden hat.

Da fangen wir am besten bei den Kleinen an, in den Kindergärt­en und Schulen: Hinschauen, mit klaren Regeln und ebensolche­n Konsequenz­en. Denn der Rechtsstaa­t lebt auch davon, im Zweifel Zwang auszuüben.

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