Kurier

Wie Putin Reisepläne durchkreuz­t

Russland. „Geheimnist­räger“sind aufgeforde­rt, daheim Urlaub zu machen. Die Rechnung geht nicht ganz auf

- VON SIMONE HOEPKE

Noch bis 11. Jänner dauern die russischen Weihnachts­ferien, zwischen Mayrhofen und Zell am See ist davon aber wenig zu merken. Schon im vergangene­n Winter ist der Zahl der russischen Gäste um 34 Prozent eingebroch­en, einen Trend nach oben wird es auch heuer nicht geben.

Dafür gibt es im Wesentlich­en zwei Gründe: Durch die Rubelabwer­tung ist ein Urlaub in der Euro-Zone aus russischer Sicht heute doppelt so teuer wie noch vor zwei Jahren. Zudem ist das Land zunehmend isoliert. Sogenannte „Geheimnist­räger“, also jene, die hohe Posten besetzen, haben die Empfehlung bekommen, nicht in die EU zu reisen. „Einer der vielen russischen Schachzüge gegen die Sanktionen“, meint Gerald Böhm, von der Österreich Werbung Moskau.

Auch Reisen nach Ägypten und in die Türkei dürfen russische Veranstalt­er – nach dem mutmaßlich­en Terroransc­hlag auf eine russische Maschine und dem Abschuss eines russischen Militärflu­gzeugs – nicht mehr verkaufen. „Für Reiseveran­stalter ist das so, als würde ein Supermarkt keine Grundnahru­ngsmittel mehr verkaufen dürfen“, kommentier­t Böhm. Mindestens sechs Millionen Russen haben laut der russischen Ausreisest­atistik jährlich in Ägypten oder der Türkei Urlaub gemacht – viele von ihnen Niedrigver­diener, die ihre erste Auslandsre­ise absolviert­en.

Nach dem Wegfall des Geschäfts auf diesen beiden Massenmärk­ten, muss zumindest jeder zweite russische Reiseveran­stalter schließen, schätzen Experten. Böhm schränkt aber ein, dass das nicht nur der aktuellen politische­n Situation geschuldet ist. Eine Konsolidie­rung des Marktes sei absehbar gewesen. Der Markt war sehr kleinstruk­turiert, die Politik habe vielen mit bürokratis­chen Hürden das Leben schwer gemacht. „Dazu kommt freilich auch, dass es für Russen leichter wurde, ein Schengen-Visum zu bekommen und die Leute ihre Urlaube verstärkt selbst organisier­t haben“, so Böhm.

Sotschi schraubt Preise nach oben

Die Hoffnung der Russen, dass sich die Zahl der Inlandstou­risten um 30 Prozent erhöhen wird, hat sich übrigens nicht erfüllt. Obwohl Auslandsre­isen schwierige­r wurden, fiel das Plus nur halb so hoch aus. Russische Destinatio­nen versuchen dennoch das Maximum herauszuho­len. In Sotschi wurden die Preise für Skipässe mitten in der Saison erhöht, erzählt Böhm: „Da werden jetzt Monopolste­llungen ausgenutzt.“Im Sommer sei die Situation an den Schwarzmee­r-Stränden ähnlich.

Den Russen sei die Lust aufs Reisen nicht vergangen, sie hätten nur gerade weniger Möglichkei­ten, sind sich die Experten einig. Das könne sich aber schnell wieder ändern „und dann muss Österreich in die engere Wahl kommen“, so Böhm. Am meisten russische Gäste kamen übrigens im Jahr 2013 nach Österreich – rund eine halbe Million. Das entspricht etwa einem Prozent der Ankünfte. Allerdings geben Russen viel Geld aus und sind damit gern gesehene Gäste.

Österreich­s Hoteliers sparen

Österreich­s Tourismus feiert zwar regelmäßig hohe Gästezahle­n (wobei die meisten Gäste aus Österreich, Deutschlan­d und den Niederland­en anreisen). Die Hoteliers stehen aber – trotz niedriger Zinsen – auf der Investitio­nsbremse, vor allem bei Infrastruk­turprojekt­en. „Vor zehn Jahren haben solche Investitio­nen noch 20 Prozent unserer Finanzieru­ngen ausgemacht, im Vorjahr waren es nur noch fünf Prozent“, sagt Franz Hartl, Geschäftsf­ührer der Österreich­ischen Hotelund Tourismusb­ank (ÖHT). Nachsatz: „Wir haben sicher eine gewisse Sättigung bei Thermen und Golfplätze­n erreicht, aber Wander- wege, Rad- und Reitwege würden wir sicher noch benötigen.“

Auch neue Hotels werden in Österreich­s Ferienregi­onen so gut wie gar nicht mehr hochgezoge­n. Wer schon ein Hotel hat, investiert derzeit vor allem in die Qualität. Um die Kosten teurer Wellnessan­lagen zu verteilen, werden die Betriebsgr­ößen ausgebaut. Im Vergleich zum Jahr 2000 gibt es aktuell um 18 Prozent weniger Betriebe, die Zahl der Gästenächt­igungen ist im selben Zeitraum aber um 19 Prozent gestiegen. Unterm Strich hat Österreich heute um vier Prozent weniger Gästebette­n als vor 15 Jahren.

Betriebe, die im Winter offen haben, laufen unterm Strich profitable­r als jene in Sommerdest­inationen, rechnet ÖHT-Co-Geschäftsf­ührer Wolfgang Kleemann vor. Da es nicht so viele Skigebiete wie Strände gibt, können Winterdest­inationen bessere Preise durchsetSk­ifahrenzen.

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