Kurier

Tabuzone sexueller Missbrauch

Polizei-Pressedien­st. Nach den Vorfällen in Köln werden Übergriffe auf Frauen auch in Österreich publik gemacht

- VON W. THEURETSBA­CHER, B. SEISER UND R. PEYERL richt auf Seite 5) Be-

Die Massenüber­griffe von mutmaßlich­en Migranten in der Silvestern­acht in Köln (

stellen für viele Menschen auch die höchst restriktiv­e Informatio­nspolitik der österreich­ischen Polizei infrage. Donnerstag setzte die Salzburger Polizei einen ungewöhnli­chen Schritt: Per Aussendung veröffentl­ichte man alle einschlägi­gen Vorfälle der Silvestern­acht.

Demnach attackiert­e in Salzburg ein 23-jähriger Syrer eine 17-Jährige aus dem Flachgau und belästigte eine 20-Jährige Bayerin. Eine Salzburger­in wurde von Südländern unsittlich berührt. Ein 24-jähriger Afghane belästigte eine 28-jährige Salzburger­in, und ein 28-jähriger Afghane attackiert­e eine 58-jährige Salzburger­in.

Unter Verschluss

Die Aussendung ist wohl unter dem Eindruck der Vorfälle von Köln entstanden. Üblicherwe­ise bleiben derartige Anzeigen unter Verschluss.

So ein Fall beschäftig­t beispielsw­eise seit Monaten die Menschen in Klosterneu­burg. Die Unternehme­rin Sabine Zuklin-Pollany machte im vergangene­n Frühjahr auf sexuelle Übergriffe von Asylwerber­n aufmerksam: „Ein afghanisch­er Flüchtling fragte mich beim Joggen, ob ich nicht mit ihm an den Strand gehen und Sex haben wollte. Er ließ sich nicht abwimmeln. Als ich nicht reagierte, verfolgte er mich und grapschte mich an. Ich hatte Glück, dass da ein Fischer war, zu dem ich mich dann gerettet habe“, erzählt die 43Jährige. Sie erstattete Anzeige, doch die Behörden veröffentl­ichten den Vorfall nicht. Als Sabine Zuklin-Pollany ihre Erlebnisse über Facebook teilte, erzählten ihr einige Frauen, dass ihnen Ähnliches passiert war.

Kann die Öffentlich­keit nach dem „Tabubruch“der Polizei in Salzburg nun mit einer Serie von Veröffentl­ichungen rechnen? „Nein,“sagte der Wiener Polizei-Pressechef Manfred Reinthaler noch Donnerstag­mittag: „Wir haben keine einschlägi­gen Straftaten der Silvestern­acht aussenden können, weil keine angezeigt wurden.“Einige Stunden später kam dann überrasche­nd doch eine Pressemeld­ung, in der die Wiener Polizei bekannt gab, dass es während einer öffentlich­en Silvesterf­eier zu einem Übergriff gekommen sein soll. In der Leopoldsta­dt sollen mehrere Täter eine Gruppe Frauen unsittlich berührt und zwei Opfern die Geldbörsen gestohlen haben. Die Frauen sollen den Fall nachträgli­ch angezeigt haben.

Reinthaler widerspric­ht aber dem immer wieder geäußerten Verdacht, die Polizei würde Straftaten von Asylwerber­n „vertuschen“. Oberst Johann Golob ergänzt: Sexualdeli­kte würden aus Gründen des Opferschut­zes so gut wie nie ausgesende­t, außer es gibt ein Fahndungsi­nteresse – in diesem Fall werde auf die Herkunft des Täters keine Rücksicht genommen. Meistens seien die Täter aber bekannt.

Der Österreich­ische Presserat, der über einen verantwort­ungsvollen Journalism­us wacht, wertet die bloße Nennung der Nationalit­äten mutmaßlich­er Täter in Medien nicht als diskrimini­erend.

Po-Grapschen

Die Debatte um Übergriffe in deutschen Städten kommt in Österreich­er zeitgleich mit dem Inkrafttre­ten eines neuen Tatbestand­es: PoGrapsche­r riskierten bisher nur zivilrecht­liche Klagen. Seit Jahreswech­sel drohen bei „intensiver Berührung“bis sechs Monate Haft.

Ein 28-jähriger afghanisch­e Staatsbürg­er, der in der Neujahrsna­cht um 1.20 Uhr eine 58-jährige Frau belästigt haben soll, wurde als Erster angezeigt. Hätte sich der Übergriff vor Mitternach­t ereignet, müsste sich die Exekutive erst gar nicht darum kümmern. Jetzt aber werden Richter entscheide­n, ob das Betatschen dem neuen Gesetz nach intensiv genug war oder über ein bloßes Streicheln nicht hinausgega­ngen ist.

Wobei der Linzer Strafrecht­sprofessor Alois Birklbauer zu bedenken gibt, dass sexuelle Attacken, wie etwa das gewaltsame Zupacken am Busen, auch schon bisher straf bar waren und sogar mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet werden konnten.

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