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Schalter im Hoden: Auf Knopfdruck verhüten

Kinderwuns­ch. Über ein Ventil in den Samenleite­rn sollen Männer ihre Zeugungsfä­higkeit steuern können.

- VON E. GERSTENDOR­FER

Es ist nur so groß wie ein Gummibärch­en und kann auf Knopfdruck zeugungsfä­hig oder -unfähig machen: das Samenleite­rventil des deutschen Erfinders Clemens Bimek. Der gelernte Tischler möchte die Empfängnis­verhütung für den Mann revolution­ieren. Sein Ventil wird in einem 30-minütigen Eingriff in die Samenleite­r im Hodensack implantier­t. Im geschlosse­nen Zustand lässt es keine Spermien aus den Hoden in die Samenflüss­igkeit. Ist das Ventil zu, ist der Mann zeugungsun­fähig. Per Knopfdruck kann der Träger das Ventil öffnen und wird wieder zeugungsfä­hig.

Die Funktion ist ähnlich einer Vasektomie, also der Durchtrenn­ung der Samenleite­r. Anders als bei diesem Eingriff könne der Mann mit dem Samenleite­rventil die Zeugungsfä­higkeit über die Außenhaut des Hodensacks selbst steuern. Bei Kinderwuns­ch wird der Schalter umgelegt und der Mann ist laut Bimek sofort zeugungsfä­hig. Umgekehrt dauert es allerdings drei bis sechs Monate bzw. rund 30 Samenergüs­se, um sicher zu verhüten. Das zeigen zumindest die Versuche, die Bimek an sich selbst durchgefüh­rt hat.

Jahrelang entwickelt

Bereits seit dem Jahr 1998 tüftelt er an seiner Idee. Damals sah er im Fernsehen eine Ratgeber-Sendung zur Vasektomie, begann zu recherchie­ren und entwickelt­e erste Entwürfe. Im Jahr 2006 war seine Entwicklun­g weitgehend fertig. Es dauerte aber bis 2009, bis er einen Arzt fand, der ihm die Ventile erstmals implantier­te. „Viele Ärzte, die ich um Rat gefragt habe, haben mich nicht ernst genommen. Aber es gab auch einige, die mich mit Fachwissen unterstütz­t haben“, erzählte Bimek Spiegel Online.

Inzwischen trägt er den zweiten Prototyp in sich. Über Spermiogra­mme, mit denen das Ejakulat analysiert werden kann, könne er die Wirkung der Ventile belegen. Klinische Studien fehlen noch, weshalb Bimek 25 Freiwillig­e sucht, die daran mitwirken möchten. Rund 200 Männer hätten sich bereits gemeldet. Tierversuc­he lehnt er ab.

Der Wiener Urologe Prim. Univ.-Doz. Eugen Plas sieht die Entwicklun­g kritisch: „Die Öffnung des Samenkanal­s ist sehr zart – beim Zusammennä­hen braucht es Nahtmateri­al, das dünner ist als Haare. Die Vorstellun­g, ein Ventil so einzubauen, dass es nicht zu einer Verstopfun­g kommt, halte ich für eine Mär.“Die Lumina, die winzigen Röhren in den Samenleite­rn, könnten sich durch Narbenbild­ung verschließ­en – Samenflüss­igkeit würde nicht mehr fließen.

Schon Ende der 80er- und Mitte der 90er-Jahre hätte es ähnliche Versuche gegeben, bis jetzt habe sich aber nichts durchgeset­zt. Bimek hält trotz Kritik, die er auch von deutschen Urologen erfährt, an der Idee fest. Derzeit müsse man noch mit Kosten von rund 5000 Euro rechnen, sobald Serienreif­e erreicht sei, würden diese jedoch fallen. Das soll 2018 der Fall sein.

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