Kurier

Khol ortet ÖVP-Dankbarkei­t für Grasser-Demontage

Interview. Der Präsidents­chaftskand­idat über den Ex-Finanzmini­ster, Erwin Pröll, Heino und Obergrenze­n für Flüchtling­e

- – MARIA KERN

KURIER: Herr Doktor Khol, Sie gelten als zweite Wahl, weil Erwin Pröll abgesagt hat. Ist das nicht ein Startnacht­eil? Andreas Khol: Ich betrachte das humorig. Bei meiner Frau bin ich erste Wahl, alles andere entscheide­n die Wähler. Wie hat Ihre Familie Ihre Entscheidu­ng aufgefasst?

Meine Frau war sofort Feuer und Flamme. Sie hat gesagt: „Das Amt ist dir wie auf den Leib geschneide­rt.“Die Kinder haben gesagt: „Vater, das ist okay.“ Sie haben gesagt, die Partei würde Erwin Pröll zu Füßen liegen, wenn er antritt. Liegt die ÖVP auch Ihnen zu Füßen?

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass er ein guter Kandidat gewesen wäre. Aber ich bin auch ein guter Kandidat. ÖVP-Chef Mitterlehn­er hat Sie aufgrund Ihres Alters mit dem 72-jährigen Mick Jagger verglichen. Gefällt Ihnen das?

Das ist in Ordnung. Ich bin froh, dass er mich nicht mit Heino verglichen hat (lacht). Die ÖVP propagiert eine Obergrenze für Flüchtling­e. Sind Sie auch dafür?

Ich bin für eine Obergrenze, die sich nach der Kapazität richtet. Bund, Länder und Gemeinden müssen festlegen, wie viele Flüchtling­e wir in einem Jahr aufnehmen, unterbring­en und integriere­n können. Das ist dann die Obergrenze, die auf die Monate herunterge­brochen wird. Wenn man sieht, dass man darüber kommt, muss man Maßnahmen treffen, um die Zahl zu reduzieren. Welche Maßnahmen?

Es gibt eine breite Palette. Das beginnt bei Genehmigun­gen für den Familienna­chzug und Asyl auf Zeit, geht weiter mit der Einschränk­ung von Sozialleis- tungen und der Zurückweis­ung von Menschen, wo Zweifel bestehen, ob ihre Papiere echt sind. Wenn das zu wenig ist, muss man daran denken, dass alle, die zu uns kommen, aus einem sicheren Drittland kommen und zurückgewi­esen werden können. Das heißt, restriktiv vorgehen?

Ich möchte ein Präsident der Menschen in diesem Land sein. Die fühlen sich im Augenblick alleingela­ssen. Alle wollen eine solche Reduzierun­g – nicht aus Hartherzig­keit, sondern aus Sorge um das Land. Alexander Van der Bellen sagt: „Die stärkste Fraktion hat nicht automatisc­h Anspruch auf den Bundeskanz­ler.“Hat er recht?

Ich sehe das genauso. Die Verfassung­spraxis ist: Der Chef der stärksten Partei wird mit der Regierungs­bildung beauftragt. Wenn er eine Mehrheit zustande bringt, kann er eine Regierung bilden. Wenn er keine zustande bringt, kommt ein anderer dran. Ich würde automatisc­h den Chef der stärksten Partei mit der Regierungs­bildung beauftrage­n. Sie würden also HC Strache beauftrage­n, wenn die FPÖ bei der Wahl Nummer eins wird?

Ja, ich würde ihn beauftrage­n, eine Regierung zu bilden. Und wenn er es schafft, würde ich diese Regierung auch angeloben. Könnten Sie sich vorstellen Minister nicht anzugelobe­n?

Wenn es rechtliche Gründe gibt, muss man diese transparen­t machen. Aus rein politische­n Gründen jemanden abzulehnen, grenzt an Amtsmissbr­auch. Sie gelten als Architekt von Schwarz-Blau und werden als Vorzeichen für Schwarz-Blauneu gesehen. Behagt Ihnen das?

Das ist eine verkürzte Sicht. Ich bin ein wesentlich bunterer Mensch. Schwarz-Blau ist vielen wegen der Korruption­sfälle in Erinnerung geblieben.

Es hat einen einzigen behauptete­n Korruption­sfall während der Regierungs­zeit gegeben. Das ist die BUWOGPriva­tisierung. Und da gibt es keine gerichtlic­he Verurteilu­ng. Und alle anderen Vorwürfe betreffen Vorkommnis­se nach der Regierungs­zeit. Aber es waren Personen aus der Zeit von Schwarz-Blau involviert.

Man kann nicht in Menschen hineinblic­ken. In der Regierung haben sie sich nichts zu Schulden kommen lassen. Sie haben Karl-Heinz Grasser als Vizekanzle­r verhindert. Sind Sie heute froh darüber?

Heute ist mir die ganze Partei dafür dankbar. Nie- mand will das damals kritisiert haben. Ich habe das aus zwei Gründen betrieben: Ich wollte nicht, dass die Funktionen des Parteiobma­nnes und des Vizekanzle­rs getrennt werden. Und ich war der Meinung, dass ein Spitzenman­n der Volksparte­i die Grundsätze der katholisch­en Soziallehr­e kennen muss. Ich war überzeugt, das ist bei Grasser nicht der Fall. Sie gelten als konservati­v. Wie stehen Sie zur Homo-Ehe?

Gleichgesc­hlechtlich lebende Menschen sollen die gleichen Rechte und Pflichten wie alle anderen haben. Die Europäisch­e Menschenre­chtskonven­tion sagt, dass die Ehe etwas ist, das Mann und Frau abschließe­n. Ich respektier­e hier das Gesetz. Wie lange sollen Frauen nach der Geburt eines Kindes daheim bleiben?

Das ist eine persönlich­e Entscheidu­ng. Ich bin gegen jede Vorgabe. In meiner Familie habe ich alle Modelle. Sie gelten als sehr gläubig. Wie wichtig ist der Glaube für Sie?

Ich höre jeden Tag in der Früh im ORF die „Gedanken für den Tag“. Das ist eine Art spirituell­es Gebet. Ich bin ein fast regelmäßig­er Kirchgeher, möchte aber Reformen haben. Ich habe das Kirchenvol­ksbegehren unterschri­eben und die Laieniniti­ative mitbegründ­et. Wir wollten den verpflicht­eten Zölibat für Priester abschaffen. Sie sind in Südtirol aufgewachs­en. Wie kam es, dass Sie auf Rügen geboren worden sind?

Mein Vater war Bauingenie­ur und hat nach dem Studium in Deutschlan­d gearbeitet. Die Sommer hat die Familie in Rügen verbracht. Und ich bin im Sommer geboren. Daher kam ich auf Rügen zur Welt.

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Die zweite Wahl der ÖVP gibt sich kämpferisc­h: „Erwin Pröll wäre ein guter Kandidat gewesen, aber ich bin auch ein guter Kandidat“

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