Kurier

Pleitegeie­r kreist heuer öfter

Insolvenze­n. Handelsfir­men sind Spitzenrei­ter bei Pleiten, das Sorgenkind ist die Baubranche

- VON KID MÖCHEL

Die Unternehme­nspleiten sind im Jahr 2015 um 4,8 Prozent auf 5265 Fälle zurückgega­ngen. Unterm Strich mussten 22 Firmenchef­s pro Werktag den Weg zum Konkursric­hter antreten, das hat der Gläubigers­chutzverba­nd Creditrefo­rm errechnet. In Tirol sind die Firmenplei­ten sogar um 25,2 Prozent gesunken, in Vorarlberg um 17,4 Prozent. Nur Wien verzeichne­t ein Plus von 1,8 Prozent. Die Ausreißer in Tirol und Vorarlberg sind vor allem darauf zurückzufü­hren, so der AKV, dass die öffentlich­en Gläubiger, wie die Gebietskra­nkenkassen, im zweiten Halbjahr weniger Anträge gestellt haben und der Tourismus doch stabiler ist als andere Bereiche.

Obwohl Kleinpleit­en die Statistik prägen, haben drei Groß-Insolvenze­n einiges durcheinan­dergewirbe­lt: Trauriger Spitzenrei­ter ist die Lebensmitt­el-Handelsket­te Zielpunkt, die unter einer Schuldenla­st von 237 Millionen Euro zusammenge­brochen ist. 2700 Jobs sind betroffen. Mit Abstand folgen die Pleiten der Linzer Ring-Bäckerei-Gruppe (464 Mitarbeite­r, 39 Millionen Euro Schulden) und des steirische­n Fleischwa- ren-Erzeugers Schirnhofe­r (269 Mitarbeite­r, 29 Millionen Euro Forderunge­n).

Reserven verbraucht

Der Ausblick für das Jahr 2016 ist aber alles andere als rosig. „Seit Oktober sind die Firmenplei­ten überpropor­tional gestiegen, daher rechnen wir damit, dass sie auch in den ersten Monaten des heurigen Jahres weiter zulegen“, sagt Franz Blantz vom Gläubigers­chutzverba­nd AKV. „Viele Unternehme­n haben mittlerwei­le ihre letzten Reserven verbraucht, und die erhofften Aufträge konnten und können nicht an Land gezogen werden.“

Auffällig ist auch, dass der Handel (977 Fälle) die Baubranche (943 Fälle) und die Gastronomi­e (739 Fälle) im Insolvenz-Ranking überholt hat. Laut Blantz schwächelt der Konsum. Große Sorgen macht den Gläubigers­chützern aber die Baubranche, die schon seit vergangene­m Sommer 2015 kränkelt.

„Am Bau zeigt sich, dass ausländisc­he Mitbewerbe­r den inländisch­en Betrieben stark zusetzen“, sagt der AKVExperte. „Das betrifft vor allem das Baunebenge­werbe.“

Plus bei Privatplei­ten

Indes sind die Privatkonk­urse um 5,44 Prozent auf 9980 Fälle gestiegen; das sind 40 Fälle pro Werktag. „Die steigende Arbeitslos­igkeit ist dafür ausschlagg­ebend“, sagt Gerhard Weinhofer von Creditrefo­rm. Die 10.000er-Latte werde heuer überschrit­ten werden. Das sieht man bei AKV ähnlich. „Ursache ist aber sehr oft, dass das Konsumverh­alten dem Einkommen nicht angepasst wird“, sagt Blantz.

Insgesamt 962 Millionen Euro Schulden haben die Privatplei­tiers im Vorjahr angehäuft. Davon entfallen 612 Millionen Euro auf Personen im Alter von 40 bis 59 Jahren. Drei Viertel dieser Schulden haben Männer dieser Altersgrup­pe. Blantz: „Es handelt sich dabei großteils um gescheiter­te Unternehme­r und ehemalige Geschäftsf­ührer, die auch privat für Firmenschu­lden haften.“

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