Kurier

„Lazarus“als bedrückend­es Requiem

Video. David Bowie hinterließ einen Song voller Anspielung­en auf sein Ende und seine „Erlösung“

- – M. HUBER, T. TRENKLER

Bereits am 17. Dezember veröffentl­ichte David Bowie seine Single „Lazarus“. Damals ahnte noch niemand, dass es sich bei dem Song um das Requiem des Künstlers handeln würde. Bowie spricht aber deutlich seine Krebserkra­nkung an: „Ich bekam Wunden, die man nicht sehen kann.“

Und er lässt sein Leben Revue passieren. Die Lyrics sind voller Anspielung­en: „You know, I’ll be free / Just like that bluebird“, singt Bowie. Er werde frei sein wie jener Bluebird, über den einst Paul McCartney sang? „I’ve got nothing left to lose“– er habe nichts mehr, was er verlieren könne – erinnert an „Me and Bobby McGee“von Kris Kristoffer­son bzw. Janis Joplin: „Freedom’s just another word for nothin’ left to lose.“

Bowie singt von Freiheit und von Erlösung: „Schau her, ich bin im Himmel“– mit diesem Satz beginnt „Lazarus“. Interessan­terweise dreht Bowie die Situation um: Jesus erweckte Lazarus laut Johannesev­angelium von den Toten.

Bezüge zum Aktionismu­s

Das Video zu „Lazarus“wurde am 7. Jänner veröffentl­icht, einen Tag vor Bowies 69. Geburtstag – und drei Tage vor Bowies Tod. Die Augen sind von einer Mullbinde umhüllt, aufgenähte Knöpfe ersetzen die Pupillen. Auch im „Blackstar“Video zeigt sich Bowie derart einbandagi­ert.

Bereits bei seinem Album „Outside“(1995) hatte Bowie eine ähnliche Inszenieru­ng gewählt, die dezidiert an ein Werk des Aktioniste­n Rudolf Schwarzkog­ler (1940– 1969) angelehnt war. Bowie hatte dem Konzeptalb­um eine Kriminalge­schichte zugrunde gelegt, in der die Aktionen von Schwarzkog­ler und Hermann Nitsch – die im Booklet auch namentlich genannt wurden – die mögliche Inspiratio­n für einen Ritualmord lieferten.

Bei den Vorbereitu­ngen zu „Outside“besuchten Bowie und sein Produzent Brian Eno die Nervenheil­anstalt in Gugging bei Wien (heute: „Haus der Künstler“). Die Werke der dort lebenden Menschen wurden oft als „Outsider Art“bezeichnet. Bowie, der Kunstkenne­r und -sammler, engagierte den Aktioniste­n Nitsch später bei der Promotion des Albums.

Bowies Bandagen im aktuellen Video erinnern zudem an die Bilder von Gottfried Helnwein, der seinerseit­s Schwarzkog­ler verehrte. Bowie traf den österreich­ischen Maler 1991 und ließ sich von ihm porträtier­en.

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