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David Bowie, am 10. Jänner gestorben, in Interviews über Tränen, Liebe, den Tod und das Leben
Der Musiker, Trendsetter, Darsteller und Produzent David Bowie starb zwei Tage nach seinem 69. Geburtstag an Krebs. Als Vermächtnis hinterließ er das Album „Blackstar“mit dem Requiem „Lazarus“. Ein ausführlicher Rückblick auf einen Ausnahmekünstler.
David Bowie, 1987: „Wenn ich in Worten sagen könnte, was mich innerlich bewegt, würde ich das. Aber ich kann nur ein Lied darüber schreiben.“
Zu diesen Liedern habe ich getanzt, gesungen, gejubelt und geweint. Ich habe viel daraus gelernt und damit erfahren. Es war genau diese Qualität seiner Musik, das Gefühl, in ihr so deutlich die Persönlichkeit des Musikers zu spüren, die mich an dem Ausnahmekünstler David Bowie fasziniert hat.
Ab 1987 hatte ich das Glück, ihn an verschiedenen Punkten seiner Karriere als Journalistin begleiten und interviewen zu dürfen. Das erste Mal im Rahmen eines PromoTages im Tucherpark-Hilton in München. Ich sah David schon davor am Gang vorbeigehen – pfeifend, singend, strahlend.
Nicht nur bei diesem ersten Interview war er ein Gesprächspartner, wie man ihn sich wünscht: intelligent, belesen (seine Kompensation dafür, dass er mit 15 die Schule geschmissen hatte), höchst sensibel. Und immer erfreut darüber, mit seinem Gegenüber diskutieren zu können, anstatt monologisieren zu müssen, weil zu viele Standardfragen kamen.
Mit „Ich komme mir heute or rie ein Prediger“begrüßte er mich deshalb bei meinem letzten Inter ier mit ihm 2003 zum „Realit “Album am Ende eines Inter ierTages. Damals, seine Tochter Ale andria aus der Ehe mit Iman rar gerade drei Jahre alt, sprachen rir das erste Mal über das Älterrerden. Hast du Angst vor dem Alter?
Nicht vor dem Alter. Mich stört die Sache mit dem Tod. Ich habe großes Glück gehabt, so eine wunderbare Frau zu finden, mit der ich mein Leben teilen kann. Ich liebe, was ich tue. Und der Gedanke, meine Tochter verlassen zu müssen, zerreißt mir das Herz. Aus welcher Inspiration entstand dann „The Loneliest Guy“?
Isolation ist ein Thema, das sich durch all meine Platten zieht. Aber ich verwende das nur als Metapher für meine Suche nach Spiritualität. Ich kann nicht anders, als auf die Frage nach dem Sinn des Lebens zu- rückzukommen. Ich weiß zwar, dass ich keine Antworten finden werde, aber ich bin nicht buddhistisch genug, um die Dinge so zu akzeptieren, wie sie sind.
Ein Jahr da or führte uns ein Gespräch zum „Heathen“-Album auf ein ähnliches Thema. Du sagst, das Album handelt von der Suche nach Gott. Warum hast du es dann aber „Heathen“genannt?
Den Titelsong „Heathen“zu schreiben, war eine spezielle Erfahrung. Ich habe die Melodie gespielt und die Worte sind aus mir herausgeströmt, als würde mir irgendetwas die Hand führen. Dabei sind mir die Tränen runtergeronnen, denn in diesem Moment ist mir klar geworden, wie sehr ich das Leben liebe. Dass es aber ein Ende hat und ich irgendwann gehen muss. Es war das erste Mal, dass ich in einem Song meine Gefühle so klar artikuliert habe. Aber deine Musik war doch immer ein Spiegel deiner Seele ...
Schon, aber ich habe das immer gut verschleiert, ich habe immer in einer Art geschrieben, die ich „Faktion“nenne – eine Mischung aus Fakten und Fiktion. Ich habe meine Gefühle an andere Storys und Charaktere gehängt. Aber es stimmt, dass auch in den alten Songs unbewusste Dinge stark rauskommen. In „Ziggy Stardust“kannst du gut dieses schreiende Bedürfnis spüren, gehört zu werden. Die Notwendigkeit, die Welt zu erobern. Und dann die Depressionen, die ich zwischen „Station To Station“und „Low“durchgemacht habe.
„Low“ist nach wie vor eines meiner Lieblings-Alben. Aber es gibt so viele andere Momente, die ich nie vergessen werde: Einen Star-Treff, bei dem sich Bowie 20 Minuten mit den Gewinnern beschäftigte. Dass mir die Tränen einschossen, als ich bei seiner Plattenfirma zum ersten Mal den Song „Slip Away“hörte. Das „Reality“-Konzert in Frankfurt, nach dem ich das Gefühl hatte zu schweben.
Es wird vor allem das sein, was bleibt: diese erhabenen, grandiosen Momente, die David Bowie bei seinen Shows kreieren konnte. Ich durfte rund 70 miterleben. Es gab nie eine schlechte. Einige waren sehr gut. Und die meisten magisch.