Durchwachsene erste Hälfte: 45 Rennen, sechs ÖSV-Siege
Er wäre sowieso nicht beim heutigen Nachtslalom in Schladming (17.45/20.45, live ORFeins) am Start gewesen, und doch ist Aksel Lund Svindal der große Abwesende – und zwar für den Rest der Saison. Nach seinem kapitalen Sturz in der Hahnenkamm-Abfahrt am Samstag ist sein Kreuzbandriss bereits operiert worden, und am Montagvormittag stellte sich der 33-Jährige erstmals im Spital in Hochrum den Medien, das norwegische Fernsehen übertrug die Pressekonferenz sogar live.
„Ich habe einen neuen Lieblingsösterreicher: Er heißt Georg Streitberger“, sprach also Aksel Lund Svindal. Zur Erklärung:
Streitberger war auf der Streif an der gleichen Stelle wie der Norweger (und wie Hannes Reichelt) gestürzt. Er erlitt die gleiche Knieverletzung wie Svindal. Und der Maishofener liegt jetzt in Hochrum bei Innsbruck im selben Krankenzimmer. Svindal: „Ich muss zugegeben, dass ich ihn vorher nicht wirklich gekannt habe. Aber jetzt vergeht dank seines Humors die Zeit für mich schneller. Wir haben viel Spaß zusammen.“Das fing schon vor den Knie-Operationen beim Salzburger und beim Norweger an: Das Duo stellte ein Video online, in dem zu sehen ist, wie sie sich mit „Schere, Stein, Papier“ausschnapsen, wer zuerst in den OP-Saal darf.
Warum die Hahnenkamm-Abfahrt für die beiden und Hannes Reichelt (der Radstädter kam mit einer Knieprellung davon – Rückkehrtermin offen) weniger lustig war, erklärte Svindal kurz und bündig so: „Die Sicht war sehr schlecht. Dazu kamen die Bodenwellen. Man kann schon sagen, dass es gefährlich war.“
Doch der 33-Jährige denkt auch nach dieser schweren Verletzung keineswegs an ein Karriereende. So wie nach seinem Achillessehnenriss im Herbst 2014 („Als mich schon viele abgeschrieben hatten“) werde er auch in der nächsten Saison zurückkommen. „Ihr werdet mich bei der WM 2017 in St. Moritz wieder sehen.“
Neuer Gegner
Im Gesamtweltcup, sagte der immer noch führende Svindal achselzuckend, wäre heuer für ihn viel möglich gewesen. Aber er sei überzeugt, dass sein Landsmann Henrik Kristoffersen im Kampf umdie große Glaskugel Marcel Hirscher so richtig fordern werde.
Das glaubt übrigens auch Marcel Hirscher. Das Duell zwischen dem aktuell besten Slalomfahrer (Kristoffersen liegt im Weltcup 160 Punkte vor Hirscher) und dem aktuell besten Riesenslalomfahrer (Hirscher liegt 109 Punkte vor dem Franzosen Victor Muffat-Jeandet, Kris- stand. A klasse Englisch-Lehrerin.“Reichelt wurde freilich nicht allein wegen seiner Englischkenntnisse zum Athletensprecher der FIS gewählt. Nur im Moment ist er ein bissel schmähstad, was nach der Kitzbüheler Flugshow des Hobbypiloten nachvollziehbar ist.
Reichelt weiß noch nicht, ob er am Samstag in Garmisch startet. Was er aber weiß: Dass an der öffentlichen Diskussion, die – ausgelöst durch die Abbruch-Abfahrt – bis hin zur Forderung nach der Abschaffung des Skirennlaufs reicht, scheinheilige Slalomfahrer beteiligt sind. Womit nicht Kristoffersen und Co. gemeint sind.
wolfgang.winheim@kurier.at toffersen hat als Vierter 170 Punkte Rückstand) geht heute also am Fuße der Planai in die nächste Runde.
Die Favoritenrolle schiebt Hirscher, 26, wie so oft in jüngerer Zeit seinem 21-jährigen Kontrahenten zu, jedoch: „Wenn ich mein bestes Slalomfahren zeigen kann, kann ich ihn einholen. Denn es ist immer eine Möglichkeit. Die Möglichkeit lebt in jedem Ren
nen.“ Halbzeitbilanz. 23 Rennen haben die Herren absolviert, 22 die Damen – höchste Zeit also, eine alpine Weltcup-Zwischenbilanz zu ziehen.
Bei den Herren dominierten bisher die Norweger: Zwar ist der siebenfache Saisonsieger Aksel Lund Svinnach seinem kapitalen Abflug in der Abfahrt von Kitzbühel samt Kreuzbandriss zum Zuschauen verurteilt, doch Kjetil Jans
hat auch bereits zwei Bewerbe gewonnen – und Jungstar Henrik Kristoffersen, 21, kommt auf fünf Erfolge in diesem Winter. Macht 14 Erfolge für die „Attacking Vikings“, denen aus österreichischer Sicht fünf Siege von Marcel Hirscher gegenüberstehen.
Speziell im Speedbereich jedoch sind die ÖSV-Herren nicht erst seit dem Ausfall von Hannes Reichelt in Kitzbühel (Knochenprellung) arg dezimiert: Während der Super-G-Weltmeister wieder zurückkehren dürfte, mussten schon neun Herren die Saison beenden (u. a. Matthias Mayer).
Abseits des österreichisch-norwegischen Duells blieb wenig Raum für andere Sieger:
Ligety plagt sich seit seinem Starterfolg in Sölden und einem Trainingssturz im Novem
ber mit Rückenproblemen herum, US-Alpinchef Patrick Riml baut aber darauf, dass Mister Giant Slalom bald wieder zeigt, was er drauf hat. Die weiteren bisherigen Erfolge gingen an die Franzosen Adrien Théaux und Victor Muffat-Jeandet sowie den Italiener Peter Fill.
Erfreulich sind aus rotweiß-roter Sicht die Fortschritte der jungen Herren in Slalom-Team ( Manuel Feller, Marco Schwarz, Christian Hirschbühl, Marc Digruber) sowie jene von SpeedTalent Vincent Kriechmayr.
Lindsey, allein zu Haus
Bei den Damen ist angesichts der Auszeit der Slowenin na Maze, des Kreuzbandrisses von Gesamtweltcup-Titelverteidigerin Anna Fennin
und der Knieverletzung von US-Slalom-Ass Mikaela Shiffrin der Weg frei für Lindsey Vonn. Die 31-Jährige aus den Vereinigten Staaten ist in den Speed-Disziplinen in überragender Verfassung, „ein Gesamtkunstwerk“, wie ihr Betreuer bert Trenkwalder sagt, und hält bei acht Saisonsiegen. Die Schweizerin Lara Gut, letzte verbliebene Rivalin im Kampf um die große Kugel, hat deren vier, leistet sich aber zuweilen Ausrutscher wie den fünften Platz im Super-G von Cortina; so wird es auch heuer nichts mit dem Traum vom ersten eidgenössischen Gesamtweltcupsieg seit Vreni Schneider 1994/’95.
Den einzigen ÖSV-Sieg hat bisher Eva-Maria Brem geholt, doch die Konstanz von Cornelia Hütter (acht Top-vier-Plätze) und Ausreißer nach oben machen Hoffnung, dass weitere fol
gen werden. Bemerkenswert: Acht Nationen stellen Siegerinnen.