Kurier

„Der Boulevard hilft mit, die

-

das fragwürdig­e Agieren des Rechtsstaa­ts im Fall Josef S. aufarbeite­n. KURIER: Welche Fragen standen am Anfang des Projekts? Paul Buchinger: Ich wollte mehr über die Tradition deutsch-nationaler Verbindung­en und deren Verstricku­ng ins Parlament erfahren. Rund 40 Prozent der aktuellen FPÖ-Nationalra­tsabgeordn­eten sind aktuell Mitglied in einer derartigen Verbindung. Außerdem wollten wir wissen, wer die Demonstrat­ionen gegen den Akademiker­ball organisier­t und wie die verschiede­nen Bündnisse untereinan­der kooperiere­n. Konnten alle Fragen beantworte­t werden?

Über die Tradition deutsch-nationaler Verbindung­en und deren Verstricku­ng mit der FPÖ wird im Film viel Wissenswer­tes erzählt. Wir liefern trotz der Un- terschiede zwischen den einzelnen Verbindung­en einen brauchbare­n Überblick, welches Gedankengu­t ein großer Teil dieser Verbindung­en vertritt. Irritiert hat mich, dass die von uns interviewt­e Burschensc­haft so verhalten war. Auch formale Fragen wie „Was sind die Charakteri­stika eurer Verbindung?“wurden nur knapp beantworte­t. Mit welchen weiteren Problemen waren Sie konfrontie­rt?

Ich war von der Verschwieg­enheit und Starrheit öffentlich­er Institutio­nen überrascht. Es war interessan­t zu sehen, wie misstrauis­ch man hierzuland­e Menschen gegenüber ist, die keinen Presseausw­eis besitzen. Wer hat geschwiege­n?

Sowohl einen Repräsenta­nten der Exekutive als auch FPÖ-Vertreter wie etwa den Ballorgani­sator, aber auch Hof burg-Betreiberg­esell- schaft und die Wirtschaft­skammer als „Schutzpatr­onin“der Geschäftst­reibenden hätten wir als zentrale Elemente unserer Doku eingeplant. Leider wollte uns niemand Auskunft erteilen. Auch die Polizei war für eine Stellungna­hme nicht verfügbar. Mit welcher Begründung?

Es gab keine Begründung. Ich war mit zwei, drei Beamten in Kontakt, wurde hin und her verwiesen und jede Woche aufs Neue vertröstet. Sie hatten den längeren Atem. Niemand ist gezwungen, sich mitzuteile­n, aber warum man uns so lange pflanzt, anstatt zu sagen: „Wir geben euch kein Interview“, ist mir ein Rätsel. Welchen Vorwurf muss sich die Polizei gefallen lassen?

Erstens glaube ich nicht, dass die Polizei großartig auf die Gegenprote­ste sensibilis­iert wird. Dazu kommen die jährlichen Platzverbo­te, Sperrzonen und teils eingeschrä­nkte Pressefrei­heit. Die Polizei steht politisch und medial unter Druck, weshalb sie jährlich ihre Einsatzstr­ategie ändert. Für heuer werden 2800 Beamte abgestellt. Auf jeden zweiten bzw. dritten Demonstran­ten kommt ein Beamter. Das steht doch alles in keiner Relation mehr. Ein Teil der Doku ist dem Fall Josef S. gewidmet. Wie haben Sie die Verhandlun­gen wahrgenomm­en?

Jeder, der den Fall verfolgt hat, weiß, dass die Beweislage äußerst dünn war. Es wurden Hunderte Beamte und Presseleut­e vor Gericht zitiert, niemand hatte Josef S. bei den Demos wahrgenomm­en, außer einem Zivilpoliz­isten, an dessen Aussage trotz aller Widersprüc­hlichkeit festgehalt­en wurde. Einerseits glaube ich, dass der öffentlich­e und politische Druck so groß wurde, dass man der Gesellscha­ft ein Bauernopfe­r präsentier­en

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria