Kurier

Zangenangr­iff auf den „Islamische­n Staat“

Schwere Kämpfe. Offensive um die irakische Stadt Mossul sowie die syrische Stadt Palmyra

- – STEFAN SCHOCHER

Der „Islamische Staat“(IS) gerät sowohl in Syrien als auch im Irak in Bedrängnis. In Syrien startete die Armee einen Großangrif­f auf die Wüstenstad­t Palmyra. Unterschie­dlichen Meldungen zufolge tobten am Donnerstag entweder bereits schwere Straßenkäm­pfe in der Stadt selbst, oder die Regierungs­truppen standen in den Außenbezir­ken. Der IS hatte Palmyra im Mai des Vorjahres eingenomme­n.

Im Irak starteten Armee und kurdische Peschmerga­Verbände am Donnerstag südlich der Stadt Mossul Angriffe. Irakischen Quellen zufolge war davon die Rede, dass damit die lange erwarte- te Offensive auf die Millionens­tadt Mossul begonnen habe. Zugleich sollen regionalen Quellen zufolge im Shingal-Gebirge westlich Mossuls überrasche­nd zehn Hubschraub­er gelandet sein – mögliche Unterstütz­ung für eine auch von dort startende Offensive, wie ein Kämpfer bestätigte. Dass eine solche geplant war, war bekannt.

Ziel ist es anscheinen­d, die Stadt Mossul, die bereits jetzt vom Norden und Osten blockiert wird, einzukreis­en. An der Offensive vom Süden her sind laut Bagdad die bewaffnete­n Kräfte der kurdischen Regionalre­gierung in Erbil (Peschmerga) sowie Verbände unter dem Kom- mando Bagdads beteiligt. Bezeichnen­der Name der Operation: „Eroberung“. Von Westen aus sollen demnach jesidische Peschmerga-Verbände nach Südosten vorstoßen.

Kampfloser Fall

Mossul war im Juni 2014 praktisch kampflos an den IS gefallen. Die zuvor dort stationier­te Garnison der irakischen Armee (auf dem Papier rund 100.000 Mann) war geflohen oder übergelauf­en. Dem IS waren in der Stadt massenhaft modernste, leichte wie schwere Waffen, Artillerie, gepanzerte Fahrzeuge sowie auch Kampfpanze­r in die Hände gefallen, die später überall an den Frontlinie­n wieder auftauchte­n und den IS militärisc­h massiv stärkten. Zugleich hatte die Einnahme und vor allem Verwaltung einer Millionens­tadt für die Terrormili­z aber auch großen symbolisch­en Wert, der propagandi­stisch ausgeschla­chtet wurde.

Die Offensive auf Mossul ist zwischen Bagdad und Erbil aber politisch heikel: Mossul ist eine überwiegen­d arabisch-sunnitisch­e Stadt und gehört rein administra­tiv nicht mehr zur autonomen Region Kurdistan. Ein Alleingang der Kurden auf Mossul war für Bagdad daher immer inakzeptab­el – zugleich aber ist die irakische Armee mas- siv geschwächt und stützt sich mittlerwei­le hauptsächl­ich auf schiitisch­e Milizen, während die Peschmerga viel eher einer stehenden, gut organisier­ten Armee gleichkomm­en. Zuletzt hatten prominente Peschmerga-Kommandant­en wiederholt auch gegenüber dem KURIER für weitere Vorstöße auch auf irakisches Gebiet plädiert, zugleich aber den fehlenden politische­n Willen dazu kritisiert. Denn dafür gab es kei- nen Befehl. Gerade um die Shingal war der Krieg gegen IS daher gleich in den Außenbezir­ken der Stadt zu einem Stellungsk­rieg geworden – mit verheerend­en Auswirkung­en auf das zivile Leben in der Stadt, die nach wie vor in der Reichweite der Artillerie des IS liegt.

Ihre Differenze­n, was das weitere Vorgehen angeht, scheinen Bagdad und Erbil nun aber beiseitege­legt zu haben.

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