Kurier

Katholiken und Protestant­en: Annäherung

Der Papst kam zum Auftakt der Feiern zum 500. Reformatio­nsjubiläum nach Schweden

-

„Wir dürfen uns nicht mit der Spaltung abfinden. Wir haben jetzt die Gelegenhei­t, einen entscheide­nden Moment unserer Geschichte wieder gutzumache­n.“Das sagte Papst Franziskus bei seiner viel beachteten Reise, die ihn gestern nach Schweden führte. Er hatte die Einladung des Lutherisch­en Weltverban­des (LWB) angenommen, um zum Start des Reformatio­nsjubiläum­s dabei zu sein. Ein Jahr lang wird mit vielen Veranstalt­ungen, des berühmten Thesenansc­hlags des Theologen gedacht, der sich am 31. Oktober 2017 zum 500. Mal jährt.

Angesichts der Bedrohung von Christen in einigen Weltreligi­onen hatte der Pontifex bereits davor aufgerufen, zusammenzu­halten: „Wenn Christen verfolgt und ermordet werden, werden sie ausgesucht, weil sie Christen sind, nicht weil sie Lutheraner, Cal- vinisten, Anglikaner, Katholiken oder Orthodoxe sind.“Gemeinsam solle man sich für Menschenre­chte einsetzen.

Das Oberhaupt der katholisch­en Kirche, die Luther wegen seiner Lehre einst aus der Glaubensge­meinschaft ausgeschlo­ssen hatte, nahm mit dem LWB-Präsidente­n Munib Younan an einem ökonomisch­en Gebet in der Universitä­tsstadt Lund teil, nach dem auch eine gemeinsame Erklärung veröffentl­icht wurde. Heute wird Franziskus, der als „evangelisc­hster“Papst seit Langem gilt, im benachbart­en Malmö eine Heilige Messe mit tausenden Gläubi- gen feiern – in Schweden machen die Katholiken nur ein Prozent der Bevölkerun­g aus.

„Diese Begegnung ist ein neuer Anfang“, freute sich Munib Younan über die Visite des katholisch­en Kirchenobe­rhauptes. Wobei diese Geste allein die jahrhunder­tealte Spaltung nicht überwinden wird. Zu tief sind nach wie vor die Unterschie­de in Lehre und Praxis, vor allem bei Sakramente­n (hier vor allem in der Eucharisti­e), in den Ämtern und der Moral, zumal der Sexualmora­l, die auf Martin Luther zurückgehe­n.

Auch Kritik an Luther

Diesen würdigte der deutsche Bundespräs­ident Joachim Gauck bei einem Festakt in Berlin als großen Reformator, der die Bundesrepu­blik bis heute präge: Ohne dessen „Initialzün­dung“gäbe es weder die Freiheit des Glaubens und des Gewissens und auch nicht die Grundrecht­e.

Bei all der Feierlaune will die evangelisc­he Kirche aber nicht die Schattense­iten Luthers unter den Tisch kehren. Er habe antisemiti­sche Vorstellun­gen vertreten, und sein Verhalten gegenüber Frauen sei nicht tadellos gewesen.

 ??  ?? Papst Franziskus wird von Schwedens Königin Silvia und König Carl XVI. Gustaf im royalen Domizil in Lund empfangen
Papst Franziskus wird von Schwedens Königin Silvia und König Carl XVI. Gustaf im royalen Domizil in Lund empfangen
 ??  ?? Papst Franziskus bei einem Gebet mit dem Präsidente­n des Lutherisch­en Weltbundes Munib Younan
Papst Franziskus bei einem Gebet mit dem Präsidente­n des Lutherisch­en Weltbundes Munib Younan

Newspapers in German

Newspapers from Austria