Jäger Lewis Hamilton: „Ich kann nicht aufgeben“
Der Mexiko-Dominator ist weiter unter Siegzwang / Rivale Rosberg hat es in den eigenen Händen
Weit weniger spektakulär als der Dreikampf um Rang drei in Mexiko (siehe Artikel oben) verlief der Kampf um den Sieg. Dennoch gewinnt das WM-Duell zwischen den Mercedes-Piloten Nico Rosberg und Lewis Hamilton an Schärfe, und bereits beim kommenden Rennen in zwei Wochen in Brasilien könnte es beendet sein. Gewinnt Rosberg in Interlagos, ist der 31-Jährige am Ziel seiner Träume und der dritte deutsche Weltmeister nach Michael Schumacher (7) und Sebastian Vettel (4).
„Es ist cool, in der Situation zu sein“, sagt Rosberg, der sich in Mexiko wie schon in der Vorwoche in Texas mit Platz zwei begnügen musste. Teamkollege Hamilton tritt derzeit so dominant auf, wie noch nie in dieser Saison.
Mit dem Druck, Siegen zu müssen, geht der englische Titelverteidiger offenkundig locker um. „Wäre Hamilton jedes Rennen so gefahren, gäbe es keinen Meisterschaftswettkampf auszutragen. Er hat Rosberg das gesamte Wochenende unsichtbar gemacht“, schrieb The Telegraph.
Hamilton selbst findet durchaus Gefallen an der Rolle des (aussichtslosen) Jägers: „Ich weiß, dass in meinem Szenario die Chance größer ist zu verlieren als zu gewinnen.“Nachsatz: „Alles was ich seit dem Beginn mei- ner Karriere in der Formel 1 weiß, ist, dass sich alles bis zur letzten Minute ändern kann. Deshalb kann ich nicht aufgeben.“
Der nächste Hamilton-Rekord
An das kommende Rennen in Brasilien hat Hamilton gemischte Erinnerungen: In Interlagos konnte er 2008 zwar seinen ersten WMTitel einfahren, jedoch dort noch nie ein Rennen gewinnen. Dabei ist der 31-Jährige ein absoluter Allrounder. Mit seinem Sieg in Mexiko hat er nun schon auf 23 verschiedenen Strecken gewonnen. Damit stellte er den Rekord von Michael Schumacher ein. do verwickelt wurde. Der Australier hatte wegen der Kontroverse seines Red-Bull-Kollegen mit Vettel aufschließen können. Als Ricciardo zur Attacke ansetzte, verteidigte sich Vettel ebenfalls mit einer grenzwertigen Linienwahl.
Bestraft wurde erst Verstappen (fünf Sekunden) und später auch Vettel (zehn Sekunden), weshalb das offizielle Endergebnis erst Stunden nach dem Rennende feststand. Durchs Ziel fuhren Hamilton – Rosberg – Verstappen, am Podest standen Hamilton – Rosberg – Vettel, gewertet wurden schließlich Hamilton – Rosberg – Ricciardo.
Kurioses Detail am Rande: Vettel wurde in Mexiko ausgerechnet jene Regel zum Verhängnis, die es erst seit jener berühmten Fahrerbesprechung wegen Verstappen gibt. Sie besagt, dass in der Bremszone vor einer Kurve ein Spurwechsel verboten ist, bekannt ist sie im Fahrerlager nur als „Anti-VerstappenRegel“. Der Namensgeber hatte dazu nur einen lockeren Kommentar übrig: „Vielleicht schaffen sie es jetzt, mich zu überholen.“
Mann für gewisse Momente
Der Satz das Teenagers verstärkte nur noch sein Image. In seinem zweiten Jahr in der Königsklasse, dem ersten bei einem Top-Team wie Red Bull Racing, spaltet Verstappen Fahrerlager und Fangemeinde wie kein zweiter Fahrer zuvor. Kein Senna, kein Schumacher, kein Vettel hat in so kurzer Zeit so viel Lob und gleichzeitig so harsche Kritik geerntet wie der 19-Jährige. In seinem zweiten Rennen fuhr er im Toro-Rosso-Boliden erstmals in die Punkte, den ersten Grand Prix nach der Beförderung zum Einser-Team von Red Bull gewann er; im Vorjahr wurde er vom Weltverband FIA für das „Überholmanöver des Jahres“ausgezeichnet, in der laufenden Saison wurde das Jahrhunderttalent bereits sieben Mal von den Fans zum „Mann des Rennens“gewählt, öfter als jeder andere Fahrer.
Gleichzeitig ignoriert er Funksprüche sowie Warn-Flaggen, er flucht und spottet – wie etwa am Sonntag über Kontrahent Sebastian Vettel: „Ich weiß nicht, wie oft er irgendwelche Schimpfwörter benutzt hat. Er sollte zurück in die Schule gehen. Er ist immer frustriert. Einfach ein sehr frustrierter Kerl.“
Mad Max nennen sie ihn deshalb längst. Der Spitzname gefällt Verstappen.