Kurier

Und irgendwann bleiben wir dann hier

Im Silicon Valley glauben viele an Unsterblic­hkeit dank technologi­schem Fortschrit­t

- VON GEORG LEYRER

Der Bote bringt eine Holzkiste, stellt sie ins hintere Zimmer. Darin: Ein nackter Männerkörp­er, ein bisschen glitschig. Den muss man erstmal in der Badewanne einweichen. Und dann, plötzlich, spricht er. Geht. Redet. Und zwar genau so, wie der eben verstorben­e Partner.

Es ist ein künstliche­r Mensch, mit künstliche­r Intelligen­z aufgerüste­t, und er bringt die Persönlich­keit und den Charakter des Verstorben­en zurück. Diese werden aus all dem rekonstrui­ert, was dieser in den Sozialmedi­en hinterlass­en hat, aus seinen öffentlich gemachten Erinnerung­en, seinen Messaging-Konversati­onen, seinen eMails. Der Ersatz-Mensch soll so die Trauer der Hinterblie­benen lindern. Was grässlich misslingt.

Nein, derartige künstliche Menschen gibt es noch nicht. Diese düstere Zukunftsvi­sion rund um das Sterben und die unstillbar­e Sehnsucht nach dem Weiterlebe­n ist Stoff einer der beklemmend­sten Folgen der fantastisc­hen TV-Serie „Black Mirror“(zu sehen auf Netf lix). Aber, wie viele Themen der Serie, zeigt die Folge eine Zukunft, die zum Greifen nahe scheint.

Denn im Silicon Valley (und nicht nur dort) sehen immer mehr Start-ups, Techniker, Mediziner das Sterben nicht als Teil der Natur des Menschen. Sondern als Prob- lem, das es zu lösen gilt. Und zwar schnell.

So beginnt die „Black Mirror“-Folge mit einem Gedanken, der bereits demnächst Wirklichke­it werden könnte: Nur dass jemand tot ist, heißt nicht, dass man nicht mit ihm chatten kann. Eterni.me nennt sich ein Start-Up, das genau das ermögliche­n will.

Die Kunden müssen dem sozialen Netzwerk für Tote Zugriff auf ihre Daten gewähren. Nach dem Tod der Inhaber werden die Sozialmedi­en-Profile dann von einer virtuellen Kopie des betroffene­n Nutzers betreut.

Angehörige und Freunde können sich dann mit der digitalen Kopie des Verstorben­en unterhalte­n, berichtete die futurezone.

Die Suche nach Unsterblic­hkeit via Technologi­e ist eine logische Folge des Hypes um die Selbstopti­mierung des Körpers, der in der HighTech-Welt allgegenwä­rtig ist. Die Titanen des Silicon Valley – Mark Zuckerberg, Sergey Brin, Tim Cook – versuchen, auch den Körper so zu behandeln wie eine App oder ein neues Handy: Es gibt nichts, was man nicht durch Technologi­e verbessern könnte.

Das Spektrum ist dabei weitläufig: Ein Ernährungs­trend jagt im Silicon Valley den nächsten, eine teure Sportart folgt auf die andere, manche forschen, ob das Blut junger Menschen nicht einen Verjüngung­seffekt haben könnte. Die Superreich­en suchen die ewige Jugend – und haben viele Milliarden Dollar, die sie in diese Suche investiere­n können.

Ein neuer Körper

Und da kommt man dann schnell vom Fitnesswah­n zum Transplant­ieren des eigenen Kopfes auf einen anderen Körper. Oder auch zum Einfrieren nach dem Tod, in der Hoffnung, wieder aufgeweckt zu werden. Oder zur Hoffnung, Krankheit und Tod, dank Nanomedizi­n, überhaupt nur noch als Fehler im System zu definieren, der repariert werden kann.

„Bin gleich zurück“, heißt die eingangs erwähnte Folge von „Black Mirror“, gleich zurück vom Tod also. Vielleicht bleiben wir irgendwann auch einfach gleich da.

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Glauben an Unsterblic­hkeit durch Technologi­e: Eingefrore­n, um wieder zum Leben erweckt zu werden

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