Schulz-Effekt blieb im Saarland aus
Landtagswahl. CDU siegt klar vor der SPD
Es war die erste Wahl in Deutschland, seit Martin Schulz den Parteivorsitz der SPD übernommen hatte – mit dementsprechendem Interesse schauten politische Beobachter daher am Sonntag ins kleine Saarland. Am Ende der ersten Wahl im deutschen Super-Wahljahr stand aber ein den Prognosen völlig widersprechendes Ergebnis: Die CDU konnte laut vorläufigem Endergeb- nis mit Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer ihr letztes Ergebnis noch verbessern und kommt auf 40,7 Prozent (+ 5,5). Die SPD hingegen verliert einen Prozentpunkt und kommt nur auf 29,6 Prozent – für Schulz ein Dämpfer: „Es gibt nichts zu beschönigen“, sagt er. Die AfD liegt auch unter den Erwartungen, sie erreicht 6,2 Prozent.
Damit hat offenbar nicht mal Annegret Kramp-Karrenbauer selbst gerechnet. Der saarländischen CDU-Ministerpräsidentin bleibt der Mund offen stehen, als die ersten Ergebnisse verkündet werden: 40,7 Prozent, mehr als fünf Prozent mehr als 2012 – und ein Ergebnis, das selbst die überzeugtesten CDUler bass erstaunt zurücklässt.
Die viel zitierte Merkelmüdigkeit und der Schulz-Hype: Die beiden Narrative, die die Prognosen für die Wahl im kleinsten Flächenbundesland der Republik so stark beeinflussten, machten sich in der Urne nicht bemerkbar. Obwohl SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger in den letzten Wochen in Umfragen fast bis zur CDU herangekommen war, bekam sie am Sonntag nur 29,6 Prozent der Stimmen – eine Koalition mit Linken-Chef Oskar Lafontaine, die vorab schon als paktiert galt, fällt damit aus. Seine Partei holte nur 12,9 Prozent, ebenso wie die SPD deutlich weniger als noch 2012; übrig bleibt damit nur eine Große Koalition. Die AfD konnte mit rund sechs Prozent in den Landtag einziehen, Grüne und FPD schafften es nicht.
„Ein Langstreckenlauf“
Dass Kramp-Karrenbauer viele Bürger aus der NichtWählerschaft zurückholen konnte – die Wahlbeteiligung stieg um zehn Prozentpunkte –, lässt die SPD etwas ratlos zurück. „Es gibt nichts zu beschönigen“, sagte ein sichtlich ernüchterter Martin Schulz; die Gründe dafür machte er in der Person Kramp-Karrenbauers fest – sie hat Beliebtheitswerte, von denen andere Politiker nur träumen. Dennoch positionierte er seine Partei angriffig: „Das heißt nicht, dass wir unser Ziel nicht erreichen werden“, sagte er – der Regierungswechsel im Bund sei „kein Sprint, sondern ein Langstreckenlauf “.
Einen Grund für den Dämpfer könnte Schulz bei sich selbst suchen. Er ging erstmals mit einem ausdefinierten Programm an die Öffentlichkeit, in dem er für mehr Einkommensgleichheit zwischen den Geschlechtern, das Recht auf Rückkehr in die Vollzeit sowie den Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Ganztagsschule warb. Das war nicht nur ein Signal an die Wähler im Saarland, sondern vor allem an die Linkspartei: Die Zeit der Absagen, die sein Vorgänger Gabriel der Linken eben wegen Oskar Lafontaine und dessen Ehefrau Sahra Wagenknecht noch erteilt hatte, ist definitiv vorüber. „Wer mit uns regieren will, ist herzlich eingeladen, auf uns zuzukommen“, so Schulz.
Rotes Schreckgespenst
Gut möglich, dass es diese Festlegung war, die Wähler verschreckte. Die CDU spielt diese Karte jedenfalls verstärkt aus: Sie drückt schon länger auf den Angst-Knopf in puncto Rot-Rot-Grün; und sie hat sich auch selbst vom Gedanken, weiterhin mit der SPD zu regieren, verabschiedet. Man präferiert eine Koalition mit den Grünen oder der FPD – oder im schlechtesten Fall sogar mit beiden.
Testläufe dafür stehen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen bevor – da gilt es für Merkels Partei, den Schwung aus dem Saarland auszunutzen. In beiden Ländern liegt die CDU abgeschlagen auf Platz zwei; bisher konnte die Union zu den rot- grünen Koalitionen nicht aufschließen. Besonders wichtig wäre das für Merkel im knapp 18 Millionen Einwohner zählenden Nordrhein-Westfalen, wo mit Armin Laschet einer ihrer engsten Vertrauten antritt.
Er hat für sie ähnlichen Stellenwert wie Kramp-Karrenbauer – sie kann sich jedenfalls nun in einem sicher sein: Ihr Spitzname „Merkel von der Saar“hat wieder an positivem Klang gewonnen.