Parlament stellt Weichen für neuen Unabhängigkeitsanlauf
Schottland. Die Schotten wollen es nochmals wissen. Am Dienstagabend entschieden sich die Abgeordneten im Parlament in Edinburgh erwartungsgemäß mit klarer Mehrheit für ein zweites Unabhängigkeitsreferendum. Wie es jetzt weitergeht, ist aber unklar. Zumal die Positionen der schottischen Regierungschefin Nicola Sturgeon und der britischen Premierministerin Theresa May unversöhnlich erscheinen.
Erstere argumentiert, dass sich nach der Entscheidung der Briten, die EU zu verlassen – den entsprechenden Antrag will May heute einbringen –, die Sachlage grundsätzlich geändert habe. Die Schotten hatten sich bei dem Votum vom Juni des Vorjahres im Gegensatz zur Mehrheit der Bürger des Vereinigten Königreichs zu 62 Prozent für den Verbleib in der Union ausgesprochen. Daher, so Sturgeon, sei ein neuer Losvon-London-Anlauf ange- bracht. Die selbstbewusste Schottin drängt auf einen entsprechenden Volksentscheid noch vor dem BrexitVollzug, der in rund zwei Jahren erfolgen soll.
Die britische Regierungschefin ist strikt dagegen: Derzeit sei nicht „der richtige Augenblick“für ein Schottland-Referendum. Sie will die Sache bis 2019 aussitzen, wenn möglich sogar bis nach den nächsten Parlamentswahlen in Schottland 2021.
Faktum ist, dass London einem derartigen Votum zustimmen muss und Edinburgh keine Zwangsmittel in der Hand hat. Selbst die Frage, ob das Parlament einen unverbindlichen Volksentscheid ansetzen kann, ist umstritten. Zudem ist unsicher, ob sich die Schotten tatsächlich für die Souveränität entscheiden würden. Beim Referendum 2014 lag das Nein-Lager mit 55 Prozent vorne. Heutige Umfragen deuten auf ein ähnliches Ergebnis hin.