Kurier

Das Null-Euro-Service am Land

Steinberg-Dörfl. Freiwillig­e organisier­en Fahrten zum Arzt oder zum Supermarkt

- VON CLAUDIA KOGLBAUER

Idyllisch liegt der 1268-Seelen-Ort Steinberg-Dörfl im oberen Rabnitztal in der Nähe der Buckligen Welt. Steinberg-Dörfl zählt nicht nur zu den waldreichs­ten Gemeinden des Burgenland­es, sondern hat sich auch als Schulstand­ort einen Namen gemacht. Das Kloster „Marianum“beherbergt eine Hauptund Hauswirtsc­haftsschul­e. Einen Nahversorg­er und einen Arzt sucht man in der Marktgemei­nde allerdings vergeblich. Doch das ist für die Steinberg-Dörfler kein Grund, der Heimat den Rücken zuzukehren. Mit Hilfe des Vereins „Nachbarsch­aftshilfe Plus“geht man einander zur Hand.

Vor drei Jahren wurde der Verein ins Leben gerufen, schildert SteinbergD­örfls Bürgermeis­terin Klaudia Friedl (SPÖ). Der soziale Aspekt in ihrer Gemeinde sei ihr schon seit jeher ihr „Liebkind“gewesen, sagt Friedl, die sich als eine der Initiatore­n des Pilotproje­ktes bezeichnet.

„Ziel ist es, sich gegenseiti­g zu helfen und über Generation­en hinweg zusammenzu­wachsen“, erklärt Projektkoo­rdinatorin Astrid Rainer. Das Prinzip ist einfach erklärt: Die Hilfsberei­tschaft unter den Nachbarn wird wiederbele­bt. „Die ehrenamtli­chen Mitarbeite­r gehen beispielsw­eise mit zum Arzt, führen Klienten zum Einkaufen oder kommen einfach zu Besuch vorbei“, schildert Rainer. Das Angebot ist für die Nutznießer kostenlos. Die freiwillig­en Helfer erhalten einen Fahrtspese­nersatz und sind unfall- und haftpf licht-

versichert. Finanziert wird das Projekt durch die Gemeinde, Unterstütz­ung gibt es vom Land Burgenland und der EU. 37 Personen in Steinberg-Dörfl haben Bedarf an der Nachbarsch­aftshilfe angemeldet. 25 Ehrenamtli­che versuchen, deren Wünsche zu erfüllen. Eine der Freiwillig­en ist Helga Reiterits.

Soziales Engagement

Bei Bedarf fährt die 73-Jährige andere Dorf bewohner in die Apotheke oder in den Supermarkt. „Ich bin in Pension und habe Zeit. Außerdem bin ich gerne mit Menschen zusammen“, erklärt Reiterits.

Eine, die das Angebot nutzt, ist Olga Leitner. Nach dem Tod ihres Mannes lebt die 83-Jährige alleine, auf einen Heimplatz muss sie warten. „Ich brauche leider sehr oft Hilfe, weil ich krank bin“, erzählt Leitner. Nicht immer falle es ihr leicht, die Dienste ihrer Mitmensche­n in Anspruch zu nehmen. Ein Taxi sei aber nicht immer leistbar. Josef Pauer hat Olga Leitner schon mehrmals chauffiert. „Die Dorf bewohner schätzen das Angebot“, sagt der 72-Jährige.

Sieben weitere Gemeinden im Mittelburg­enland gehören bereits dem Verein an, darunter Horitschon, Kobersdorf, Lackenbach, Lackendorf, Stoob, Unterfrau- enhaid und Piringsdor­f. Michaela Heschl koordinier­t für Steinberg-Dörfl und Piringsdor­f „Angebot“und „Nachfrage“. Nebenbei werden auch Kurse für Klienten organisier­t: Bei einer EDVSchulun­g konnten die älteren Semester Ausflüge in die virtuelle Welt starten.

Projektkoo­rdinatorin Rainer kann den Erfolg mit Zahlen belegen: „Bei einer externen Evaluierun­g haben fast 100 Prozent der Nutznießer angegeben, dass durch das Projekt ihre Lebensqual­ität stark gestiegen ist.“ Der KURIER sucht österreich­weit die engagierte­sten Orte, die durch innovative­n Ideen die Bürger überzeugen. Die Redaktion hat zum Start Kommunen nominiert. Jetzt sind die Gemeinden in Österreich gefragt: Sie können in der kommenden Woche ihren Heimatort für die KURIER-Aktion unter land

lust@kurier.at nominieren. Schicken Sie uns eine Kurzbeschr­eibung Ihrer Projekte. Am Sonntag, 2. April, präsentier­t der KURIER alle Kandidaten. Dann können die KURIER-Leser ihre favorisier­ten Kommunen zwei Wochen lang bewerten.

Der KURIER stellt in dieser Zeit laufend die Initiative­n vor.

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Olga Leitner (Bild oben) wird von Reiterits und Pauer zum Arzt geführt. Projektkoo­rdinatorin Rainer (li.) organisier­t EDVKurse
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