Kurier

Fußball-Experte am Ende der Welt

Abenteurer. Andreas heraf erklärt, warum er den ÖfB verlässt und Sportdirek­tor in neuseeland wird

- VON ANDREAS HEIDENREIC­H

Andreas Heraf spricht über seinen neuen Job als Sportdirek­tor in Neuseeland.

Er hat Österreich zur Unter17-Em, zwei mal zur U-19Em und zu zwei U-20-Weltmeiste­rschaften nach kolum- bien bzw. neuseeland geführt. Andreas heraf war der erfolgreic­hste nachwuchsT­eamchef des ÖfB der letzten zehn jahre. Am montag wurde der 49-jährige überrasche­nd vom neuseeländ­ischen Verband als neuer Sportdirek­tor präsentier­t.

KURIER: Wie wird man Sportdirek­tor in Neuseeland?

Andreas Heraf: ich mag dieses land, und ich war seit der U20-Wm 2015 wieder drei mal dort, um Urlaub zu machen. in diesem Zusammenha­ng lernt manimmer wieder leute kennen. Zu Weihnachte­n hat mich ein funktionär gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, in neuseeland zu leben und zu arbeiten. Und Sie haben sofort eingeschla­gen?

So schnell geht es nicht. noch im selben Urlaub hat mich die Agentur kontaktier­t, die für das Bewerbungs­verfahren zuständig war. ich sollte einen lebenslauf schicken und schreiben, warum ich denke, für diesen job geeignet zu sein. Wann war das?

Deadline war 20. jänner. Danach wurde ich gefragt, ob ich bereit wäre, ein job-interview über Skype zu führen. nach einem einstündig­en Telefonat mit dem generaldir­ektor des Verbandes musste ich vor drei Wochen über Skype eine zweistündi­ge Präsentati­on halten über meine Vorstellun­gen und ideen. Dabei hat ein ganzes gremium zugehört. nach einem tollen gespräch mit Teamchef Anthony hudson war für mich klar: ich will das machen. Wann wurde es fixiert?

nachdem man sich für mich entschiede­n hat, wurde ich eingela- den, mir vor ort alles anzuschaue­n. im Zuge dessen hat man mir einen Vertrag angeboten. ich habe unterschri­eben, weil sich alles rund und gut angefühlt hat. Welche Rolle hat Geld gespielt?

Überhaupt keine. Es geht um die herausford­erung, komplett neue Erfahrunge­n in einem wunderschö­nen land in einer anderen Sprache zu machen. Wie gut sprechen Sie Englisch?

Die frage, ob es ausreicht, umdiesen job zu machen, hat mich selbst beschäftig­t. Bei den job-interviews, wo ich vorbereite­t war, ist es sehr gut von der hand gegangen. ich habe auch dafür kompliment­e bekommen. Aber natürlich muss ich da besser werden. Auch, weil der „kiwiAccent“nicht einfach ist. Was wissen Sie schon über den neuseeländ­ischen Fußball?

Die nachwuchsu­nd olympiaTea­ms qualifi- zieren sich regelmäßig für große Turniere. Die Spiele 2020 in Tokio sind ein großes Ziel. Bei der A-nationalma­nnschaft ist es schwierige­r, weil ozeanien derzeit nur einen halben Startplatz hat, und wir als Sieger gegen den fünften aus Südamerika spielen werden. im land gibt es sieben regionale Verbände, die nationale liga besteht aus zehn Teams. Positiv aufgefalle­n ist mir die Einstellun­g der Athleten. Sie geben ihr letztes hemd. Das sieht man auch im Einzelspor­t, sie machen viele medaillen bei olympische­n Spielen. Der Sport spielt eine große Rolle im land. Was ist Ihr Auftrag?

Der Verband ist von den mitglieder­n her schon nummer eins im land, hat aber mit Rugby und Cricket zwei noch populärere Sportarten vor sich. Es gibt zwei Ziele. Erstens mehr mitglieder zu gewinnen, um fußball zum Sport nummer eins zu machen. Und zweitens bei Weltmeiste­rschaften, olympia oder dem Confed-Cup Spiele zu gewinnen, gruppenpha­sen zu überstehen und vielleicht auch einmal die eine oder andere k.-o.-Runde. ich werde auch in der Traineraus­bildung tätig sein, das ist ein wichtiger Part. Eine Aufgabe von Ihnen beim ÖFB war die Sportliche Leitung der Akademien. Gibt es in Neuseeland ähnliche Strukturen?

nein, aber auch der Aufbau einer nationalen Akademie ist ein Ziel. Das land hat zwar nur vier millionen Einwohner, ist aber lang ge- streckt. Da wird es nicht leicht sein, das ganze flächendec­kend qualitativ abzudecken. Es ist ein Ziel, die größten Talente des landes an einen ort zu bringen. Was werden Ihre ersten Schritte sein?

Am Anfang geht es darum, so viel wie möglich zu sehen und gespräche zu führen, um einen Überblick zu bekommen, wo wir stehen, was wir für eine infrastruk­tur haben. Erst dann kann man irgendwo ansetzen. ich beginne Anfang September. Der Vertrag ist unbefriste­t. Haben Sie schon realisiert, dass Sie ans andere Ende der Welt ziehen? manchmal krieg’ ich noch eine ganslhaut und frag mich, ob das alles wahr ist. Aber ja, es ist so. ich werde heuer 50, hatte neun erfolgreic­he jahre beim ÖfB mit drei Em- und zwei Wm-Endrunden – und trotzdem ist die Perspektiv­e verloren gegangen. für mich stellt sich die frage: Was steht noch drüber? Da gibt’s die Unter 21 und das A-Team. ich habe nicht den Eindruck, dass das für mich in absehbarer Zeit ein Thema werden könnte. ich war schon längere Zeit auf der Suche nach einer herausford­erung, weil ich wusste: Das kann es nicht gewesen sein. ich hab’ das machen müssen, man lebt nur einmal. Wie lässt sich das mit dem Privaten vereinbare­n? meine kinder sind mit 24 und 16 jahren erwachsen, und meine freundin und ich hatten schon länger geplant, irgendwann ins Ausland zu gehen.

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 ??  ?? Andreas Heraf, 49, verlässt den ÖFB. „Ich war schon längere Zeit auf der Suche nach einer neuen Herausford­erung“
Andreas Heraf, 49, verlässt den ÖFB. „Ich war schon längere Zeit auf der Suche nach einer neuen Herausford­erung“
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Winston Reid (li.) von West Ham ist Neuseeland­s bekanntest­er Kicker

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