Kurier

Austro-Türken: Wähler-Listen könnten letztlich wertlos sein

Doppelter Pass. Aberkennun­g der Staatsbürg­erschaft bleibt schwierig – selbst mit den Wähler-Listen.

- VON UND

Und plötzlich war alles anders: Keine zwölf Stunden nachdem FPÖ-Chef HeinzChris­tian Strache im Beisein des KURIER erklärt hat, er werde mit den ihm vorliegend­en Wähler-Verzeichni­ssen von in Österreich lebenden türkischen Wahlberech­tigten sorgsam umgehen, änderte er am Dienstag seine Haltung und erklärte: „Wir werden mit den Listen nicht hinterm Berg halten.“

Soll heißen: Die, neben diversen Medien und dem Grünen-Sicherheit­ssprecher Peter Pilz nun auch der FPÖ vorliegend­en Wähler-Verzeichni­sse werden wohl in Bälde den Behörden zur Verfügung stehen.

Wie berichtet, könnten die Tabellen helfen, Personen auszuforsc­hen, die nach der österreich­ischen illegalerw­eise auch die türkische Staatsbürg­erschaft angenommen haben.

Pilz ist empört: „Diese Unanständi­gkeit hätte ich Strache nicht zugetraut. Wenn er die Liste weitergibt, geht er über die Leichen von Neo-Österreich­ern.“Pilz drängt seit Tagen auf juristisch­en Opferschut­z für jene, die ohne ihr Wissen auf den Listen stehen – das hat sich wohl erübrigt.

Für die seit Tagen schwelende Debatte bedeutet Straches Ankündigun­g jeden-

falls eine Beschleuni­gung. Sobald der FPÖ-Boss seine Daten an die Behörden in den Bundesländ­ern weitergibt, sind diese gesetzlich verpflicht­et, jeden Fall zu prüfen. An diesem Punkt wird es interessan­t. Denn letztlich könnte es sich anhand der

107.877 Fälle (so viele Namen stehen laut Pilz auf seinem Wähler

verzeichni­s) herausstel­len, dass die Listen wertlos sind.

Warum? Um das zu verstehen, muss man wissen, wie das Verfahren einer möglichen Aberkennun­g abläuft.

Zunächst einmal muss die Behörde klären, ob die Listen authentisc­h sind.

Dann müsste ein Verfahren geführt werden, in dem möglichen Doppelstaa­tsbürgern nachgewies­en wird, dass sie die türkische Staatsbürg­erschaft nach der Verleihung der österreich­ischen beantragt haben. „Die Beweislast liegt jedenfalls bei der Behörde“, sagt Barbara Reinwein von der in Wien für die Staatsbürg­erschaften zuständige­n MA35.

Genau das ist aber das Problem: Sowohl für die Verifizier­ung der Listen wie auch für die Auskunft, wann, wo und wie jemand wieder den türkischen Pass beantragt hat, braucht Österreich die Hilfe der Türkei. „Die Kooperatio­nsbereitsc­haft dort ist aber enden wollend – zumal es um Details zu türkischen Staatsbürg­erschaften geht“, sagt ein hochrangig­er Beamter im Innenresso­rt.

Das bedeutet: Am Ende könnte die Republik mehr als 100.000 Aberkennun­gsverfahre­n führen, die mangels Beweisen vor keinem Höchstgeri­cht halten.

Wohl auch deshalb ließ Innenminis­ter Wolfgang Sobotka schon am Wochenende wissen: Die Republik habe drängender­e Sicherheit­sprobleme als die Doppelstaa­tsbürgersc­haften.

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