Letzter Aufruf für die marode Alitalia
Luftfahrt-Pleite. Die Billig-Airlines Ryanair, easyJet und Vueling spitzen auf die Europa-Flugrouten der Italiener
Die schwer angeschlagene italienische Fluglinie Alitalia (12.500 Mitarbeiter, 122 Flugzeuge) bräuchte jetzt ein Wunder. Nachdem die Mehrheit der Belegschaft den Rettungsplan samt Job-Abbau (1700 Mitarbeiter) abgelehnt hat, hat der Verwaltungsrat der Airline die weitere Vorgangsweise festgelegt: Es wird ein Insolvenzverfahren beantragt. Am Donnerstag müssen die Aktionäre, darunter die Bank UniCredit und die arabische Fluglinie Etihad, in einer Hauptversammlung darüber entscheiden. Der Flugbetrieb soll bis auf Weiteres aufrechterhalten werden, aber die Alitalia wird wahrscheinlich unter die staatliche Aufsicht eines Sonderverwalters gestellt. Detail am Rande: Im Schnitt verbrennt die Airline rund 1,26 Millionen Euro pro Tag.
Der Verwalter hat zwei Möglichkeiten: Entweder er findet einen Kaufinteressenten, oder er zerschlägt die Airline und verwertet die Vermögensteile. „Aufgrund seiner geografischen Ausdehnung ist Italien ein großer spannender Markt“, sagt der österreichische Luftfahrtexperte Kurt Hofmann zum KURIER. „Dass man hier nie Geld verdient hat, muss man auch einmal zusammenbringen.“Die Italiener haben es in den vergangenen Jahrzehnten verabsäumt, sich den Veränderungen des Markts anzupassen. Stichwort: Billig-Airlines. Dazu kommt, dass die Alitalia zwei Drehkreuze betreibt: auf den Flughäfen Rom-Fiumicino und Mailand-Malpensa. Das schlägt sich massiv auf die Kosten.
Gewehr bei Fuß
Sollte die Airline den Betrieb am Ende einstellen, stehen die Mitbewerber schon Ge- wehr bei Fuß. „Die freiwerdenden Kapazitäten werden binnen kürzester Zeit von anderen Fluglinien übernommen. Von allen Himmelsrichtungen werden die Mitbewer- ber den italienischen Markt absaugen“, sagt Hofmann. „Vor allem die Lost-Cost-Airlines Ryanair, easyJet und die spanische Vueling werden schnell reagieren.“Dem Ver- nehmen nach spitzt RyanairChef Michael O‘Leary auf die Europa-Destinationen der Alitalia. Er will im Ernstfall sogar Flieger von weniger ertragreichen Strecken nach Italien verlagern.
„Für die Ryanair ist Italien einer der wichtigsten Märkte und sie wächst dort am schnellsten“, sagt Hofmann. Auch die spanische Billig-Airline Vueling (109 Flieger) zählt zu den Top-Playern auf dem Stiefel. Aber im Gegensatz zur Alitalia, die den Flughafen Wien gar nicht ansteuert, fliegen die Spanier von mehreren italienischen Städten nach Wien.
Auf der Langstrecke haben die Italiener 25 Großraumflugzeuge im Einsatz. „Die Alitalia hat auch bei Flügen nach Süd- und Nordamerika eine gewisse Bedeutung, zum Beispiel nach Brasilien“, sagt der Experte. Die Interkontinentalflüge könnten von arabischen Fluglinien übernommen werden.