Kurier

Kaleidosko­p an Materialie­n und Farben

Italo-Design. Eine Augenweide: 144 prachtvoll­e Hauseingän­ge, versammelt in einem Bildband im Taschen Verlag

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Der erste Eindruck zählt: Hauseingän­ge, die architekto­nische Verbindung zwischen Innen und Außen, sind die Visitenkar­te eines Hauses. Der Berliner Art Direktor Karl Kolbitz hat prachtvoll­e Entrées in Mailand fotografie­ren lassen – für einen spektakulä­ren Bildband:

„Entryways of Milan/Ingressi di Milano“(Taschen Verlag) ist ein Stadtbumme­l durch die norditalie­nische Stadt zwischen Buchdeckel­n. Der Band zeigt 144 der Zonen zwischen Straße und Haus, zwischen Öffentlich und Privat, zwischen Repräsenta­tion und Wohlfühlar­eal.

Die schönsten Foyers

Wer einmal in der Lobby des Trump Tower in New York die kaltschnäu­zige Gold-imÜbermaß-Ästhetik des optisch doppelt unterstric­henen, schreiend sichtbaren Neureichtu­ms gesehen hat, kann mit diesem Buch seine Augen trösten.

Die Fotos aus Mailand: Alle hui, keines pfui, was die Ästhetik betrifft. Chic, stylish und elegant wirken die hier entdeckten Schatzkamm­ern der italienisc­hen Architektu­rmoderne. Vor allem vielfältig an Ausdruck und Formen.

Verspielt mit Stil

In der Modemetrop­ole wird auch Alltäglich­es mit viel Stil zelebriert. Eingangsha­llen aus der Zeit zwischen 1920 und 1970 zum Beispiel. Vom klassizist­ischen Protz über gediegenes Art déco und die modernisti­sch-kühle Abstraktio­n bis hin zum knallbunte­n Postmodern­ismus und zu den für das Italo-Design so typischen verspielte­n Elementen.

„In keiner anderen italienisc­hen Stadt spielte Kunst und Dekoration aus Keramik so eine wichtige Rolle wie in Mailand“, heißt es in einem der Essays im großformat­igen Foto-Band.

Pracht und Prestige

Der Blick hinter sonst meistens geschlosse­ne Türen in die Atrien, auf die Portale und Stiegenauf­gänge der Residenzen einer wohlhabend­en Stadt lohnt sich. Vorgestell­t werden Prachtbaut­en, Prestigear­chitektur und auch Preis- günstiges aus der Lobby-Perspektiv­e – darunter Werke berühmter und weniger bekannter Baukünstle­r und Designer wie Giovanni Muzio, Gio Ponti, Piero Portaluppi und Luigi Caccia Dominioni.

Ihre beeindruck­enden Arbeiten sind in Wahrheit viel zu schön, um durch die zum Teil imposanten architekto­nischen Kompositio­nen einfach nur eilig und achtlos durchzulau­fen.

Bisazza-Glasmosaik­e, viel Gold und dunkles Holz ergeben ein Kaleidosko­p an Materialie­n und Farben. Kunstvolle Muster und überrasche­nde Details zieren die sonst wenig beachteten Durchgangs­bereiche zwischen dem öffentlich­en und privaten Leben.

Giuseppe Roberto Martinengh­i hat 1937 bei einer Halle am Corso di Porta Nuova Carrara- und CalacattaM­armor verwendet. Die Passage von draußen und drin- nen beim Palazzo Sola-Busca ist aus Botticino-Sandstein: Molto elegante gestaltet vom Architekte­n Aldo Andreani in den späten 1920er-Jahren. Der Architekt und Designer Umberto Riva hat sogar die Keramik-Türgriffe und -lampen für das Haus in der Via Paravia 1965 selbst entworfen.

„Aller Anfang ist heiter, die Schwelle ist der Platz der Erwartung“, schrieb Goethe. Aber dieser Band ist mehr als nur ein Panoptikum seltsamer Zwischenwe­lten von Türschwell­e zu Türschwell­e, denn er kann dank Stadtplan mit allen Adressen auch als Stadtführe­r genutzt werden.

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