Kurier

Technologi­e ist nicht Sinn, aber Werkzeug

Futurist. Gerd Leonhard über eine digitale Ethik

- Greifen u.a. Anm.). (Einins Wettergesc­hehen, – PETER TEMEL

„Wir werden in zwanzig Jahren an dem Punkt angelangt sein, wo fast nichts mehr unmöglich ist“, sagt Gerd Leonhard im Gespräch mit dem KURIER. Der deutsche Futurist und Humanist sprach bei 4GameChang­er über das Thema „Technologi­e vs. Mensch“.

Bei seiner Arbeit hält er es mit einem Zitat des Sci-FiKultauto­rs William Gibson: „ Die Zukunft ist bereits hier, sie ist nur ungleichmä­ßig verteilt.“Anders gesagt: „Die meisten Sachen, die wir in fünf Jahren sehen werden, sind schon hier. Wir müssen sie nur suchen und aufnehmen.“Leonhard, der sich nicht Zukunftsfo­rscher nennen will, sucht unablässig nach diesen Dingen. „Grundsätzl­ich bin ich ein Optimist“, sagt er, „mit diesen Technologi­en können wir einen Lebensraum erreichen, der viel besser, menschlich­er und freier ist. Aber wir müssen wirklich an einem Strang ziehen, um diese Technologi­en zu beherrsche­n“. Es gehe darum, sich auf eine globale digitale Ethik zu einigen.

Drei schwierige Themenkomp­lexe sieht Leonhard auf uns zukommen: Künstliche Intelligen­z, Genmanipul­ation und Geo-Engineerin­g

„Man muss bedenken, dass Technologi­e zur mächtigste­n Kraft der Gesellscha­ft geworden ist“, daher gelte es zu überlegen, nicht alles zu machen, „nur weil es effizient ist oder weil es geht“, sagt Leonhard. „Wir können wahrschein­lich in 15 bis 20 Jahren durch Genmanipul­ation den Krebs besiegen. Aber wir sollten dafür sorgen, dass mit der gleichen Technik nicht Supersolda­ten gezüchtet werden.“Eine solche Dynamik sieht Leonhard parallel zu den Atomwaffen-Arsenalen als große Bedrohung: „Wir brauchen nicht viel Material, um einen intelligen­ten Roboter zu bauen, der mit bösen Absichten bestückt ist. Wenn wir uns da nicht einig werden, was erlaubt ist und wer das kontrollie­rt, ist in fünfzig Jahren Game Over für uns.“

Zu den aktuellen Gefahren zählt der Autor einen „vollkommen fehlgeleit­eten“US-Präsidente­n. Dieses Thema werde sich aber schon dieses Jahr von selbst erledigen, prognostiz­iert er, „weil Trump für alle Beteiligte­n immer mehr zur Last wird“.

Die Zukunftsfr­age sei eine andere, viel globalere. Bisher hieß es: Was geht überhaupt und was kostet es? Nun aber gelte es zu definieren: Was wollen wir überhaupt?

„Im ursprüngli­chen griechisch­en Sinne ist das menschlich­es Glück. Und nicht, ein Werkzeug zu werden,“erklärt Leonhard. „Und wenn wir das wollen, müssen wir alles, was wir erfinden, an diesem Ziel messen. Wir sollten Technologi­e umarmen, aber nicht Technologi­e werden.“

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