Klare Absage an Kerneuropa-Idee
Bundespräsident in der Slowakei. Gegen EU der zwei Geschwindigkeiten
Es sind gerade einmal 55 Kilometer von Wien nach Bratislava, und doch sieht der politische Abstand zwischen den beiden Hauptstädten derzeit oft weit größer aus. Ob in der Flüchtlingskrise, wo die Slowakei sich abgeriegelt hat, oder in der Idee eines Europa der zwei Geschwindigkeiten, wo viele Politiker in Wien laut darüber nachdenken, die bockigen Nachbarn im Osten in der EU hinter sich zu lassen. Doch Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist an diesem Mittwoch in die Slowakei gekommen, um genau dieser Idee eine Absage zu erteilen: „Ich bin kein Freund verschiedener Geschwindigkeiten“, erklärte der Bundespräsident nach dem Gespräch mit seinem slowakischen Amtskollegen Andrej Kiska und bemühte ein anschauliches Bild: „Wenn ein Partner immer zehn Meter vor dem anderen geht, ist es fast unmöglich, einen Dialog zu führen.“
Auch der slowakische Gastgeber im Präsidentenpalast von Bratislava betonte, dass sein Land auf jeden Fall im Kern der EU sein wolle. Doch der liberale Kiska, der viele Jahre Unternehmer in den USA war, ist sich bewusst, dass es in der Slowakei auch ganz gegenläufige politische Tendenzen gibt.
Der sozialdemokratische Premier Robert Fico setzt ja auf Opposition gegen Brüssel. Gemeinsam mit den anderen ostmitteleuropäischen EU-Mitgliedern, also Polen, Ungarn und Tschechien, stellt man sich nicht nur in der Flüchtlingsfrage gegen grundlegende Regeln der EU. So nähert sich die Slowakei unter Fico auch demonstrativ an Russland an.
Konflikt mit Premier
Kiska stellt sich demonstrativ gegen diese Tendenzen und macht auch beim Van der Bellen-Besuch kein Hehl aus seinem politischen Konflikt mit Fico: „Es tut mir leid wenn in meinem Land manche Politiker populistisch handeln und für Stimmung sorgen, die ich als Präsident ablehne.“
Ficos demonstrative Härte in der Flüchtlingsfrage verurteilt der Staatschef. Länder wie die Slowakei hätten nicht nur die Pf licht, Flüchtlingen zu helfen, sie müssten auch innerhalb der EU Solidarität zeigen, vor allem mit Staaten, die die Hauptbetroffenen der Flüchtlingskrise seien, wie Italien und Griechenland.
Dazu erinnert Kiska seine Regierung ziemlich unsanft daran, dass die Slowakei pro Kopf die höchsten EU-Förderungen aller Mitgliedsländer kassiert: „Wir können nicht auf der einen Seite Förderungen von der EU erwarten und auf der anderen Seite wegschauen, wenn uns jemand um Hilfe bittet.“
Der Bundespräsident wurde nicht nur von einer Wirtschaftsdelegation nach Bratislava begleitet, sondern auch von Finanzminister Hansjörg Schelling. Und auch der macht gegenüber dem KURIER deutlich, dass er eine Trennung in ein Kernund ein Resteuropa für die falsche Idee hält: „Das kann nicht funktionieren. Wie soll man miteinander arbeiten, wenn der eine Partner auf dem Berg und der andere im Tal sitzt.“